Abkommen zur Regelung des Walfischfanges
Compare-
Seine Majestät der König von Albanien; der Deutsche Reichspräsident; der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika; Seine Majestät der König der Belgier; Seine Majestät der König von Großbritannien und Irland sowie der britischen überseeischen Dominien, Kaiser von Indien; der Präsident der Republik Kolumbien; Seine Majestät der König von Dänemark und Island; der Präsident der Spanischen Republik; der Präsident der Republik Finnland; der Präsident der Französischen Republik; der Präsident der Hellenischen Republik; Seine Majestät der König von Italien; der Präsident der Vereinigten Staaten von Mexiko; Seine Majestät der König von Norwegen; Ihre Majestät die Königin der Niederlande; der Präsident der Polnischen Republik; Seine Majestät der König von Rumänien; der Schweizerische Bundesrat; der Präsident der Tschechoslowakischen Republik; der Präsident der Türkischen Republik; Seine Majestät der König von Jugoslawien
haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
die nach Vorlage ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgende Bestimmungen vereinbart haben:
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Artikel 1
Die hohen vertragsschließenden Teile kommen überein, innerhalb der Grenzen ihrer Hoheitsgebiete die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Durchführung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens sicherzustellen und Zuwiderhandlungen zu bestrafen.
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Artikel 2
Das vorliegende Abkommen findet lediglich auf die Bartenwale Anwendung.
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Artikel 3
Das vorliegende Abkommen findet auf die an den Küsten der Gebiete der hohen vertragsschließenden Teile ansässige einheimische Bevölkerung keine Anwendung, sofern diese:
1. lediglich Baumkähne, Pirogen oder andere nur einheimische Fahrzeuge mit Segel- oder Ruderantrieb verwendet;
2. keine Feuerwaffen benützt;
3. nicht im Dienste von Personen steht, die nicht zur einheimischen Bevölkerung gehören;
4. nicht verpflichtet ist, ihre Jagdbeute Dritten abzuliefern.
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Artikel 4
Der Fang oder die Tötung des «right whale», worunter der Nordkapwal, der Grönlandwal, der südliche «right whale», der «right whale» des stillen Ozeans und die südliche Zwerggattung des «right whale» verstanden sind, ist verboten.
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Artikel 5
Der Fang oder die Tötung von Walfischjungen oder jungen, noch nicht abgesetzten Walen sowie nicht ausgewachsenen Walen und Walfischweibchen, die von Walfischjungen (oder jungen, noch nicht abgesetzten Walen) begleitet sind, ist verboten.
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Artikel 6
Die Körper der gefangenen Wale sind möglichst restlos zu verwerten. Insbesondere ist zu beachten:
1. Das Öl ist durch Aussieden oder durch ein sonstiges Verfahren aus dem ganzen Speck sowie aus dem Kopf und der Zunge und außerdem aus dem Schwanz bis zur Außenöffnung des Dickdarms zu gewinnen.
Die Bestimmungen des vorliegenden Paragraphen finden nur auf diejenigen Körper oder Teile von Körpern Anwendung, die nicht für Ernährungszwecke verwendet werden sollen.
2. Jedes schwimmende oder sonstige für die Bearbeitung der Walfischkörper dienende Werk ist mit der notwendigen Ausrüstung zur Gewinnung des Öls aus dem Speck, dem Fleisch und den Knochen zu versehen.
3. Werden Walfische auf Strand gesetzt, so sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um nach der Ölgewinnung die Abfälle zu verwerten.
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Artikel 7
Die Feuermeister sowie die Besatzung der dem Walfang obliegenden Schiffe müssen, sofern die Entlöhnung von der Jagdbeute abhängt, zu Bedingungen angeheuert werden, die ihre Entlöhnung zum großen Teil von Faktoren, wie Umfang, Gattung und Wert der gefangen Wale sowie von der gewonnenen Ölmenge und nicht nur von der Anzahl der gefangenen Wale abhängig machen.
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Artikel 8
Kein Schiff der hohen vertragsschließenden Teile darf den Walfischfang oder die Walverarbeitung betreiben, ohne dass ihm vom hohen vertragsschließenden Teile, dessen Flagge es führt, eine besondere Erlaubnis erteilt worden wäre oder ohne dass der Eigentümer oder Befrachter der Regierung dieses hohen vertragsschließenden Teils seine Absicht mitgeteilt hat, dieses Schiff für den Walfischfang zu verwenden, und er von der Regierung eine Bescheinigung über die erfolgte Anmeldung erhalten hat.
Der vorliegende Artikel beeinträchtigt keineswegs das Recht irgendeines der hohen vertragsschließenden Teile, für alle Schiffe, die ihr Gebiet oder ihre Hoheitsgewässer benützen wollen, um Walfische zu fangen, auf Strand zu setzen oder zu verarbeiten, außerdem noch eine von ihren eigenen Behörden zu erteilende Erlaubnis vorzuschreiben. Ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Schiffes kann die Erteilung dieser Erlaubnis verweigert oder von den Bedingungen abhängig gemacht werden, die der betreffende hohe vertragsschließende Teil für notwendig oder angezeigt erachtet.
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Artikel 9
Das geographische Anwendungsgebiet der Artikel des vorliegenden Abkommens erstreckt sich auf alle Gewässer der ganzen Welt, und zwar sowohl auf die hohe See als auch auf die Territorialgewässer und die nationalen Gewässer.
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Artikel 10
1. Die hohen vertragsschließenden Teile sollen von den dem Walfischfang obliegenden und ihre Flagge führenden Schiffen möglichst erschöpfende biologische Auskünfte über jeden gefangenen Wal, jedenfalls aber die nachstehenden Angaben erhalten:
a) Fangzeit,
b) Fangort,
c) Gattung,
d) Geschlecht,
e) Länge, und zwar gemessen, wenn das Tier aus dem Wasser gezogen wird, geschätzt bei Zerlegung im Wasser,
f) Beim Vorhandensein eines Fötus, Länge und - soweit sich dies feststellen lässt - Geschlecht desselben,
g) Angaben über den Mageninhalt, soweit dies möglich ist.
2. Die unter den Buchstaben e und f des vorliegenden Artikels erwähnte Länge ist die der geraden Linie von der Schnauzenspitze bis zum Schnittpunkt der Schwanzflossen.
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Artikel 11
Jeder der hohen vertragsschließenden Teile wird sich von allen seiner Hoheit unterstehenden schwimmenden oder auf dem Festland angelegten Werken Aufzeichnungen geben lassen, aus denen die Anzahl der in jedem dieser Werke verarbeiteten Wale der verschiedenen Gattungen sowie die Ölmengen nach Qualitäten, das Pulver, das Guano und die anderen Nebenprodukte zu ersehen sind, die aus diesen Walen gewonnen wurden.
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Artikel 12
Jeder der hohen vertragsschließenden Teile hat die statistischen Angaben über die mit den Walen zusammenhängenden Vorgänge, die sich in ihrem Hoheitsbereich ereignen, dem Internationalen Bureau für Walfischstatistiken in Oslo bekannt zu geben. Die erteilten Angaben haben wenigstens die im Art. 10 erwähnten Einzelheiten zu enthalten, sowie:
1. Namen und Tonnage jedes schwimmenden Werkes;
2. Anzahl und Gesamttonnage der dem Walfischfang obliegenden Schiffe;
3. Verzeichnis der Landstationen, die im Verlaufe der betreffenden Berichtsperiode in Tätigkeit waren. Diese Auskünfte sind in angemessenen Zeitabständen von höchstens einem Jahre zu erteilen.
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Artikel 13
Die Verpflichtung für irgendeinen der hohen vertragsschließenden Teile zur Ergreifung von Maßnahmen, um die Einhaltung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens auf seinem Gebiete, in seinen Territorialgewässern sowie durch seine Schiffe sicherzustellen, bleibt auf diejenigen seiner Gebiete, auf die das Abkommen Anwendung findet, auf die angrenzenden Territorialgewässer sowie auf die in diesen Gebieten immatrikulierten Schiffe beschränkt.
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Artikel 14
Das vorliegende Abkommen, dessen französischer und englischer Wortlaut in gleicher Weise maßgebend sein sollen, kann bis zum 31. März 1932 von jedem Mitglied des Völkerbundes und von jedem dem Völkerbunde nicht angehörenden Staat unterzeichnet werden.
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Artikel 15
Das vorliegende Abkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sind beim Generalsekretär des Völkerbundes zu hinterlegen, der sämtlichen Mitgliedern des Völkerbundes und den ihm nicht angehörenden Staaten die Hinterlegung und das Datum derselben angezeigt.
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Artikel 16
Vom 1. April 1932 an kann jedes Mitglied des Völkerbundes und jeder ihm nicht angehörende Staat, in dessen Namen bis zu jedem Zeitpunkte das Abkommen nicht unterzeichnet worden ist, diesem beitreten.
Die Beitrittsurkunden sind beim Generalsekretär des Völkerbundes zu hinterlegen, der sämtlichen Mitgliedern des Völkerbundes und den ihm nicht angehörenden Staaten die Hinterlegung und das Datum derselben anzeigt.
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Artikel 17
Das vorliegende Abkommen tritt neunzig Tage nach dem Eintreffen der Ratifikationsurkunden oder Beitrittserklärungen von mindestens acht Mitgliedern des Völkerbundes oder Nichtmitgliedstaaten beim Generalsekretär des Völkerbundes in Kraft. Unter diesen acht Staaten müssen sich das Königreich Norwegen sowie das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland befinden.
Für die Mitglieder und Nichtmitgliedstaaten, deren Ratifikations- oder Beitrittsurkunde später hinterlegt wird, tritt das Abkommen jeweils am neunzigsten Tage nach der Hinterlegung dieser Urkunde in Kraft.
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Artikel 18
Für den Fall, dass der Völkerbundsrat nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens auf Verlangen zweier Mitglieder des Völkerbundes oder Nichtmitgliedstaaten, für die das vorliegende Abkommen in dem betreffenden Zeitpunkt in Kraft ist, eine Konferenz zur Revision des Abkommens einberuft, übernehmen die hohen vertragsschließenden Teile die Verpflichtung, sich an dieser Konferenz vertreten zu lassen.
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Artikel 19
1. Das vorliegende Abkommen kann nach Ablauf einer Frist von drei Jahren, von dem Tage seines Inkrafttretens an gerechnet, gekündigt werden.
2. Die Kündigung des Abkommens erfolgt durch eine schriftliche Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes, der sämtliche Mitglieder des Völkerbundes und die Nichtmitgliedstaaten von jeder eingelaufenen Mitteilung sowie von dem Datum ihres Eingangs in Kenntnis setzen wird.
3. Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Mitteilung wirksam.
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Artikel 20
1. Jeder der hohen vertragsschließenden Teile kann bei der Unterzeichnung, der Ratifizierung oder dem Beitritt erklären, dass er durch die Annahme des vorliegenden Abkommens keinerlei Verpflichtung für die Gesamtheit oder einen Teil seiner Kolonien, Schutzgebiete, überseeischen Gebiete oder der seiner Oberhoheit oder seinem Mandat unterstellten Gebiete zu übernehmen gewillt ist; in diesem Falle findet das vorliegende Abkommen auf die Gebiete, die Gegenstand einer solchen Erklärung sind, nicht Anwendung.
2. Jeder der hohen vertragsschließenden Teile kann späterhin dem Generalsekretär des Völkerbundes erklären, dass er gewillt sei, die Anwendung des gegenwärtigen Abkommens auf die Gesamtheit oder irgendeinen Teil seiner Gebiete auszudehnen, die Gegenstand der im vorhergehenden Absatze vorgesehenen Erklärung waren. In diesem Falle wird das Abkommen neunzig Tage nach dem Eintreffen der Mitteilung beim Generalsekretär des Völkerbundes auf alle Gebiete anwendbar, auf die sich die Erklärung bezieht.
3. Jeder der hohen vertragsschließenden Teile kann jederzeit nach Ablauf der in Art. 19 vorgesehenen Frist von drei Jahren erklären, dass das vorliegende Abkommen seine Anwendbarkeit auf die Gesamtheit oder irgendeinen Teil seiner Kolonien, Schutzgebiete, überseeischen Gebiete oder der seiner Oberhoheit oder seinem Mandat unterstellten Gebiete verlieren soll; in diesem Fall endigt die Anwendbarkeit des Abkommens auf die Gebiete, die Gegenstand einer solchen Erklärung sind, sechs Monate nach dem Eintreffen dieser Erklärung beim Generalsekretär des Völkerbundes.
4. Der Generalsekretär des Völkerbundes wird alle Mitglieder des Völkerbundes und die Nichtmitgliedstaaten von den auf Grund des vorliegenden Artikels erhaltenen Erklärungen und Mitteilungen sowie von dem Datum ihres Eingangs in Kenntnis setzen.
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Artikel 21
Das vorliegende Abkommen ist vom Generalsekretär des Völkerbundes sofort nach seinem Inkrafttreten einzutragen.
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Zu Urkund dessen haben die oben erwähnten Bevollmächtigten das vorliegende Abkommen unterzeichnet.
Geschehen in Genf, am vierundzwanzigsten September eintausendneunhunderteinunddreißig, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des Völkerbundssekretariats aufzubewahren ist und von der beglaubigte Abschriften allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen Nichtmitgliedstaaten zu übermitteln sind.