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Resolution 3314 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen, "Definition der Aggression"

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      Die Generalversammlung,

      nach Behandlung des Berichts des gemäß ihrer Resolution 2330 (XXII) vom 18. Dezember 1967 eingesetzten Sonderausschusses zur Frage der Definition der Aggression über die Arbeit seiner siebenten Tagung vom 11. März bis 12. April 1974, der den vom Sonderausschuss im Konsens angenommenen und zur Verabschiedung durch die Generalversammlung empfohlenen Entwurf der Definition der Aggression enthält,

      zutiefst davon überzeugt, dass die Annahme der Definition der Aggression zur Stärkung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beiträgt,

      1. billigt die Definition der Aggression, deren Wortlaut dieser Resolution als Anlage beigefügt ist;

      2. dankt dem Sonderausschuss zur Frage der Definition der Aggression für seine Arbeit, die zur Ausarbeitung der

      Definition der Aggression geführt hat;

      3. fordert alle Staaten auf, sich aller Angriffshandlungen und jeder anderen Anwendung von Gewalt zu enthalten, die im Widerspruch zu der Charta der Vereinten Nationen und der Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen stehen;

      4. lenkt die Aufmerksamkeit des Sicherheitsrats auf die nachstehende Definition der Aggression und empfiehlt dem Rat, sich gegebenenfalls von dieser Definition leiten zu lassen, wenn er im Einklang mit der Charta feststellt, ob eine Angriffshandlung vorliegt.

      2319. Plenarsitzung 14. Dezember 1974

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  • ANLAGE
    Definition der Aggression

    • Die Generalversammlung,

      gestützt auf die Tatsache, dass eines der grundlegenden Ziele der Vereinten Nationen darin besteht, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen sowie Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken,

      unter Hinweis darauf, dass der Sicherheitsrat nach Artikel 39 der Charta der Vereinten Nationen feststellt, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt, und dass er Empfehlungen abgibt oder beschließt, welche Maßnahmen auf Grund der Artikel 41 und 42 zu treffen sind, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen,

      sowie unter Hinweis darauf, dass die Staaten nach der Charta verpflichtet sind, ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel beizulegen, um nicht den Weltfrieden und die internationale Sicherheit und Gerechtigkeit zu gefährden,

      eingedenk dessen, dass diese Definition nicht so auszulegen ist, als beeinträchtige sie in irgendeiner Weise den Geltungsbereich der Bestimmungen der Charta über die Aufgaben und Befugnisse der Organe der Vereinten Nationen,

      sowie in der Erwägung, dass die Aggression die schwerste und gefährlichste Form der rechtswidrigen Anwendung von Gewalt ist, die unter den Bedingungen, die durch die Existenz von Massenvernichtungswaffen aller Art geschaffen wurden, die mögliche Gefahr eines weltweiten Konflikts mit all seinen verheerenden Folgen mit sich bringt, und dass daher der Begriff der Aggression nunmehr definiert werden sollte,

      in Bekräftigung der Pflicht der Staaten, keine Waffengewalt einzusetzen, um Völker ihres Rechtes auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit zu berauben oder die territoriale Integrität zu verletzen,

      erneut erklärend, dass das Hoheitsgebiet eines Staates nicht dadurch verletzt werden darf, dass es, und sei es nur vorübergehend, Gegenstand militärischer Besetzung oder sonstiger Gewaltmaßnahmen wird, die ein anderer Staat unter Verletzung der Charta ergreift, und dass es nicht durch Anwendung oder Androhung derartiger Maßnahmen Gegenstand der Aneignung durch einen anderen Staat werden darf,

      sowie in Bekräftigung der Bestimmungen der Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen,

      davon überzeugt, dass die Annahme einer Definition der Aggression eine abschreckende Wirkung auf einen potenziellen Angreifer haben wird, dass sie die Feststellung von Angriffshandlungen und die Durchführung von Maßnahmen zu ihrer Unterdrückung vereinfacht und dass sie ferner den Schutz der Rechte und rechtmäßigen Interessen des Angegriffenen und die Hilfeleistung an diesen erleichtern wird,

      in der Auffassung, dass die Frage, ob eine Angriffshandlung begangen worden ist, zwar unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles geprüft werden muss, dass es aber trotzdem wünschenswert ist, Grundprinzipien zu formulieren, die für eine solche Feststellung als Orientierung dienen können,

      nimmt die folgende Definition der Aggression an:

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    • Artikel 1

      Aggression ist die Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat, die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines anderen Staates gerichtet oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbar ist, wie in dieser Definition ausgeführt.

      Erläuterung: Der Begriff "Staat"

      a) wird in dieser Definition unabhängig von der Frage der Anerkennung und unabhängig davon verwendet, ob ein

      Staat Mitglied der Vereinten Nationen ist;

      b) schließt in dieser Definition gegebenenfalls auch den Begriff "Gruppe von Staaten" ein.

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    • Artikel 2 -

      Wenn ein Staat als erster Waffengewalt unter Verletzung der Charta anwendet, so stellt dies einen Beweis des ersten Anscheins für eine Angriffshandlung dar, wiewohl der Sicherheitsrat im Einklang mit der Charta zu dem Schluss gelangen kann, dass die Feststellung, es sei eine Angriffshandlung begangen worden, angesichts anderer erheblicher Umstände nicht gerechtfertigt wäre, wie unter anderem in dem Fall, dass die betreffenden Handlungen oder ihre Folgen nicht schwerwiegend genug sind.

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    • Artikel 3 -

      Vorbehaltlich und nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikels 2 gilt, ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer Kriegserklärung, jede der folgenden Handlungen als Angriffshandlung:

      a) die Invasion oder der Angriff der Streitkräfte eines Staates auf das Hoheitsgebiet eines anderen Staates oder jede, wenn auch vorübergehende, militärische Besetzung, die sich aus einer solchen Invasion oder einem solchen Angriff ergibt, oder jede gewaltsame Annexion des Hoheitsgebiets eines anderen Staates oder eines Teiles desselben;

      b) die Beschießung oder Bombardierung des Hoheitsgebietes eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates oder der Einsatz von Waffen jeder Art durch einen Staat gegen das Hoheitsgebiet eines anderen Staates;

      c) die Blockade der Häfen oder Küsten eines Staates durch die Streitkräfte eines anderen Staates;

      d) der Angriff der Streitkräfte eines Staates auf die Land-, See- oder Luftstreitkräfte oder auf die See- und Luftflotte

      eines anderen Staates;

      e) der Einsatz von Streitkräften eines Staates, die sich mit Zustimmung eines anderen Staates auf dessen Hoheitsgebiet befinden, unter Verstoß gegen die in dem entsprechenden Abkommen vorgesehenen Bedingungen oder jede Verlängerung ihrer Anwesenheit in diesem Gebiet über den Ablauf des Abkommens hinaus;

      f) die Tatsache, dass ein Staat, der sein Hoheitsgebiet einem anderen Staat zur Verfügung gestellt hat, zulässt, dass dieses Hoheitsgebiet von dem anderen Staat dazu benutzt wird, eine Angriffshandlung gegen einen dritten Staat zu begehen;

      g) das Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, Freischärler oder Söldner durch einen Staat oder in seinem Namen, wenn diese mit Waffengewalt Handlungen gegen einen anderen Staat ausführen, die auf Grund ihrer Schwere den oben aufgeführten Handlungen gleichkommen, oder die wesentliche Beteiligung daran.

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    • Artikel 4 -

      Dies ist keine erschöpfende Aufzählung von Handlungen; der Sicherheitsrat kann feststellen, dass andere Handlungen nach den Bestimmungen der Charta eine Aggression darstellen.

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    • Artikel 5 -

      1. Keine Überlegung irgendwelcher Art, sei sie politischer, wirtschaftlicher, militärischer oder sonstiger Natur, kann als Rechtfertigung für eine Aggression dienen.

      2. Ein Angriffskrieg ist ein Verbrechen gegen den Weltfrieden. Eine Aggression führt zu völkerrechtlicher Verantwortlichkeit.

      3. Ein sich aus einer Aggression ergebender Gebietserwerb oder besonderer Vorteil ist nicht rechtmäßig und darf nicht als rechtmäßig anerkannt werden.

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    • Artikel 6 -

      Diese Definition ist nicht so auszulegen, als erweitere oder beschränke sie in irgendeiner Weise den Geltungsbereich der Charta, einschließlich ihrer Bestimmungen über Fälle, in denen die Anwendung von Gewalt rechtmäßig ist.

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    • Artikel 7 -

      Diese Definition, insbesondere ihr Artikel 3, kann in keiner Weise das sich aus der Charta herleitende Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von Völkern beeinträchtigen, die dieses Rechts gewaltsam beraubt wurden und auf die in der Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen Bezug genommen wird, insbesondere nicht von Völkern unter kolonialen oder rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, im Einklang mit den Grundsätzen der Charta und in Übereinstimmung mit der genannten Erklärung für dieses Ziel zu kämpfen und Unterstützung zu suchen und zu erhalten.

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    • Artikel 8 -

      Bei ihrer Auslegung und Anwendung sind die vorstehenden Bestimmungen aufeinander bezogen, und jede Bestimmung ist im Kontext der anderen Bestimmungen auszulegen.

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