Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen
Compare-
Die unterzeichneten Bevollmächtigten der Regierungen, die auf der vom 21. April bis 12. August 1949 in Genf zur Revision des Genfer Abkommens vom 27. Juli 1929 über die Behandlung der Kriegsgefangenen versammelten diplomatischen Konferenz vertreten waren, haben folgendes vereinbart:
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Teil I
Allgemeine Bestimmungen-
Artikel 1 - [Einhaltung des Abkommens]
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, das vorliegende Abkommen unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen.
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Artikel 2 - [Anwendungsbereich]
Außer den Bestimmungen, die bereits in Friedenszeiten durchzuführen sind, findet das vorliegende Abkommen Anwendung in allen Fällen eines erklärten Krieges oder eines anderen bewaffneten Konflikts, der zwischen zwei oder mehreren der Hohen Vertragsparteien entsteht, auch wenn der Kriegszustand von einer dieser Parteien nicht anerkannt wird.
Das Abkommen findet auch in allen Fällen vollständiger oder teilweiser Besetzung des Gebietes einer Hohen Vertragspartei Anwendung, selbst wenn diese Besetzung auf keinen bewaffneten Widerstand stößt.
Ist eine der am Konflikt beteiligten Mächte nicht Vertragspartei des vorliegenden Abkommens, so bleiben die Vertragsparteien in ihren gegenseitigen Beziehungen gleichwohl durch das Abkommen gebunden. Sie sind ferner durch das Abkommen auch gegenüber dieser Macht gebunden, wenn diese dessen Bestimmungen annimmt und anwendet.
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Artikel 3 - [Konflikte ohne internationalen Charakter]
Im Falle eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter hat und auf dem Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien entsteht, ist jede der am Konflikt beteiligten Parteien gehalten, mindestens die folgenden Bestimmungen anzuwenden:
1. Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeine andere Ursache außer Kampf gesetzt sind, werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt, ohne jede auf Rasse, Farbe, Religion oder Glauben, Geschlecht, Geburt oder Vermögen oder auf irgendeinem anderen ähnlichen Unterscheidungsmerkmal beruhende Benachteiligung.
Zu diesem Zweck sind und bleiben in bezug auf die oben erwähnten Personen jederzeit und überall verboten
a) Angriffe auf das Leben und die Person, namentlich Tötung jeder Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folterung;
b) das Festnehmen von Geiseln;
c) Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung;
d) Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordentlich bestellten Gerichtes, das die von den zivilisierten Völkern als unerläßlich anerkannten Rechtsgarantien bietet.
2. Die Verwundeten und Kranken werden geborgen und gepflegt.
Eine unparteiische humanitäre Organisation, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, kann den am Konflikt beteiligten Parteien ihre Dienste anbieten.
Die am Konflikt beteiligten Parteien werden sich andererseits bemühen, durch Sondervereinbarungen auch die anderen Bestimmungen des vorliegenden Abkommens ganz oder teilweise in Kraft zu setzen.
Die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen hat auf die Rechtsstellung der am Konflikt beteiligten Parteien keinen Einfluß.
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Artikel 4 - [Begriff des Kriegsgefangenen]
A. Kriegsgefangene im Sinne des vorliegenden Abkommens sind die in Feindeshand gefallenen Personen, die einer der nachstehenden Kategorien angehören:
1. Mitglieder von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei sowie Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in diese Streitkräfte eingegliedert sind;
2. Mitglieder anderer Milizen und Freiwilligenkorps, einschließlich solcher von organisierten Widerstandsbewegungen, die zu einer am Konflikt beteiligten Partei gehören und außerhalb oder innerhalb ihres eigenen Gebietes, auch wenn dasselbe besetzt ist, tätig sind, sofern diese Milizen oder Freiwilligenkorps einschließlich der organisierten Widerstandsbewegungen
a) eine für ihre Untergebenen verantwortliche Person an ihrer Spitze haben;
b) ein bleibendes und von weitem erkennbares Unterscheidungszeichen führen;
c) die Waffen offen tragen;
d) bei ihren Kampfhandlungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten;
3. Mitglieder regulärer Streitkräfte, die sich zu einer von der Gewahrsamsmacht nicht anerkannten Regierung oder Autorität bekennen;
4. Personen, die den Streitkräften folgen, ohne in sie eingegliedert zu sein, wie zivile Besatzungsmitglieder von Militärflugzeugen, Kriegsberichterstatter, Heereslieferanten, Mitglieder von Arbeitseinheiten oder von Diensten, die für die Betreuung der Militärpersonen verantwortlich sind, sofern dieselben von den Streitkräften, die sie begleiten, zu ihrer Tätigkeit ermächtigt sind, wobei diese ihnen zu diesem Zweck eine dem beigefügten Muster entsprechende Ausweiskarte auszuhändigen haben;
5. die Besatzungen der Handelsschiffe, einschließlich der Kapitäne, Lotsen und Schiffsjungen sowie Besatzungen der Zivilluftfahrzeuge der am Konflikt beteiligten Parteien, die keine günstigere Behandlung auf Grund anderer Bestimmungen des internationalen Rechts genießen;
6. die Bevölkerung eines unbesetzten Gebietes, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne zur Bildung regulärer Streitkräfte Zeit gehabt zu haben, sofern sie die Waffen offen trägt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhält.
B. Die gemäß dem vorliegenden Abkommen den Kriegsgefangenen zugesicherte Behandlung genießen ebenfalls
1. die Personen, die den Streitkräften des besetzten Landes angehören oder angehört haben, sofern die Besatzungsmacht es als nötig erachtet, sie auf Grund dieser Zugehörigkeit zu internieren, selbst wenn sie sie ursprünglich, während die Feindseligkeiten außerhalb des besetzten Gebietes weitergingen, freigelassen hatte; dies gilt namentlich nach einem mißglückten Versuch dieser Personen, sich den eigenen im Kampf stehenden Streitkräften wieder anzuschließen, oder wenn sie einer Aufforderung, sich internieren zu lassen, nicht Folge leisten;
2. die einer der in diesem Artikel aufgezählten Kategorien angehörenden Personen, die von neutralen oder nichtkriegführenden Staaten in ihr Gebiet aufgenommen werden und auf Grund des Völkerrechts von ihnen interniert werden müssen, unter dem Vorbehalt jeder günstigeren Behandlung, die diese ihnen zu gewähren wünschen, und mit Ausnahme der Bestimmungen der Artikel 8, 10, 15, 30 Absatz 5, 58 bis 67 einschließlich, 92, 126 und für den Fall, daß zwischen den am Konflikt beteiligten Parteien und der betreffenden neutralen oder nichtkriegführenden Macht diplomatische Beziehungen bestehen, auch mit Ausnahme der die Schutzmacht betreffenden Bestimmungen. Bestehen solche diplomatischen Beziehungen, so sind die am Konflikt beteiligten Parteien, denen diese Personen angehören, ermächtigt, diesen gegenüber die gemäß dem vorliegenden Abkommen den Schutzmächten zufallenden Funktionen auszuüben, ohne daß dadurch die von diesen Parteien auf Grund der diplomatischen oder konsularischen Gebräuche und Verträge ausgeübten Funktionen beeinträchtigt werden.
C. Die Bestimmungen dieses Artikels berühren in keiner Weise die Rechtsstellung des Sanitäts- und Seelsorgepersonals, wie sie in Artikel 33 des vorliegenden Abkommens vorgesehen ist.
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Artikel 5 - [Dauer der Anwendung]
Das vorliegende Abkommen findet auf die in Artikel 4 bezeichneten Personen Anwendung, sobald sie in Feindeshand fallen, und zwar bis zu ihrer endgültigen Freilassung und Heimschaffung.
Bestehen Zweifel, ob eine Person, die eine kriegerische Handlung begangen hat und in Feindeshand gefallen ist, einer der in Artikel 4 aufgezählten Kategorien angehört, so genießt diese Person den Schutz des vorliegenden Abkommens bis ihre Rechtsstellung durch ein zuständiges Gericht festgestellt worden ist.
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Artikel 6 - [Sondervereinbarungen]
Außer den in den Artikeln 10, 23, 28, 33, 60, 65, 66, 67, 72, 73, 75, 109, 110, 118, 119, 122 und 132 ausdrücklich vorgesehenen Vereinbarungen können die Hohen Vertragsparteien andere Sondervereinbarungen über jede Frage treffen, deren besondere Regelung ihnen zweckmäßig erscheint. Eine Sondervereinbarung darf weder die Lage der Kriegsgefangenen, wie sie durch das vorliegende Abkommen geregelt ist, beeinträchtigen noch die Rechte beschränken, die ihnen das Abkommen verleiht.
Die Kriegsgefangenen genießen die Vorteile dieser Vereinbarungen, solange das Abkommen auf sie anwendbar ist, es sei denn, daß in den oben genannten oder in späteren Vereinbarungen ausdrücklich etwas anderes festgelegt wird, oder daß durch die eine oder andere der am Konflikt beteiligten Parteien vorteilhaftere Maßnahmen zu ihren Gunsten ergriffen werden.
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Artikel 7 - [Unverzichtbare Rechte]
Die Kriegsgefangenen können in keinem Falle, weder teilweise noch vollständig, auf die Rechte verzichten, die ihnen das vorliegende Abkommen und gegebenenfalls die im vorstehenden Artikel genannten Sondervereinbarungen verleihen.
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Artikel 8 - [Aufsicht der Schutzmächte]
Das vorliegende Abkommen wird unter der Mitwirkung und Aufsicht der Schutzmächte angewendet, die mit der Wahrnehmung der Interessen der am Konflikt beteiligten Parteien betraut sind. Zu diesem Zwecke können die Schutzmächte außer ihren diplomatischen oder konsularischen Vertretern Delegierte unter Angehörigen ihres eigenen Landes oder unter Angehörigen anderer neutraler Mächte ernennen. Diese Delegierten müssen von der Macht genehmigt werden, bei der sie ihre Aufgabe durchzuführen haben.
Die am Konflikt beteiligten Parteien erleichtern die Aufgabe der Vertreter oder Delegierten der Schutzmächte in größtmöglichem Maße.
Die Vertreter oder Delegierten der Schutzmächte dürfen keinesfalls die Grenzen ihrer Aufgabe, wie sie aus dem vorliegenden Abkommen hervorgeht, überschreiten; insbesondere haben sie die zwingenden Sicherheitsbedürfnisse des Staates, bei dem sie ihre Aufgabe durchführen, zu berücksichtigen.
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Artikel 9 - [Tätigkeit von humanitären Organisationen]
Die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens bilden kein Hindernis für die humanitäre Tätigkeit, die das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder irgendeine andere unparteiische humanitäre Organisation mit Genehmigung der betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien ausübt, um die Kriegsgefangenen zu schützen und ihnen Hilfe zu bringen.
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Artikel 10 - [Übertragung von Aufgaben]
Die Hohen Vertragsparteien können jederzeit vereinbaren, die durch das vorliegende Abkommen den Schutzmächten übertragenen Aufgaben einer Organisation anzuvertrauen, die alle Garantien für Unparteilichkeit und Wirksamkeit bietet.
Werden Kriegsgefangene aus irgendeinem Grund nicht oder nicht mehr von einer Schutzmacht oder einer gemäß Absatz 1 bezeichneten Organisation betreut, so ersucht der Gewahrsamsstaat einen neutralen Staat oder eine solche Organisation, die Aufgaben zu übernehmen, die das vorliegende Abkommen den durch die am Konflikt beteiligten Parteien bezeichneten Schutzmächten überträgt.
Kann der Schutz auf diese Weise nicht gewährleistet werden, so ersucht der Gewahrsamsstaat entweder eine humanitäre Organisation wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die durch das vorliegende Abkommen den Schutzmächten zufallenden humanitären Aufgaben zu übernehmen, oder er nimmt unter Vorbehalt der Bestimmungen dieses Artikels die Dienste an, die ihm eine solche Organisation anbietet.
Jede neutrale Macht oder jede Organisation, die von der betreffenden Macht eingeladen wird oder sich zu diesem Zweck zur Verfügung stellt, hat sich in ihrer Tätigkeit ihrer Verantwortung gegenüber der am Konflikt beteiligten Partei, welcher die durch das vorliegende Abkommen geschützten Personen angehören, bewußt zu bleiben und ausreichende Garantien dafür zu bieten, daß sie in der Lage ist, die betreffenden Aufgaben zu übernehmen und mit Unparteilichkeit zu erfüllen.
Von den vorstehenden Bestimmungen kann nicht durch eine Sondervereinbarung zwischen Mächten abgewichen werden, von denen die eine, wenn auch nur vorübergehend, gegenüber der anderen oder deren Verbündeten infolge militärischer Ereignisse und besonders infolge einer Besetzung ihres gesamten Gebietes oder eines wichtigen Teils davon in ihrer Verhandlungsfreiheit beschränkt ist.
Jedesmal wenn im vorliegenden Abkommen die Schutzmacht erwähnt wird, bezieht sich diese Erwähnung ebenfalls auf die Organisationen, die sie im Sinne dieses Artikels ersetzen.
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Artikel 11 - [Rechte der Schutzmächte]
In allen Fällen, in denen die Schutzmächte dies im Interesse der geschützten Personen als angezeigt erachten, insbesondere in Fällen von Meinungsverschiedenheiten zwischen den am Konflikt beteiligten Parteien über die Anwendung oder Auslegung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens, leihen sie ihre guten Dienste zur Beilegung des Streitfalles.
Zu diesem Zweck kann jede der Schutzmächte, entweder auf Einladung einer Partei oder von sich aus, den am Konflikt beteiligten Parteien eine Zusammenkunft ihrer Vertreter und insbesondere der für das Schicksal der Kriegsgefangenen verantwortlichen Behörden vorschlagen, gegebenenfalls auf einem passend gewählten neutralen Gebiet. Die am Konflikt beteiligten Parteien sind gehalten, den ihnen zu diesem Zweck gemachten Vorschlägen Folge zu leisten. Die Schutzmächte können gegebenenfalls den am Konflikt beteiligten Parteien eine einer neutralen Macht angehörende oder vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz delegierte Persönlichkeit zur Genehmigung vorschlagen, die zu ersuchen wäre, an dieser Zusammenkunft teilzunehmen.
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Teil II
Allgemeiner Schutz der Kriegsgefangenen-
Artikel 12 - [Verantwortung des Gewahrsamstaates]
Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt der feindlichen Macht, nicht jedoch der Gewalt der Personen oder Truppenteile, die sie gefangen genommen haben. Der Gewahrsamsstaat ist, unabhängig von etwa bestehenden persönlichen Verantwortlichkeiten, für die Behandlung der Kriegsgefangenen verantwortlich.
Die Kriegsgefangenen dürfen vom Gewahrsamsstaat nur einer Macht übergeben werden, die Vertragspartei des vorliegenden Abkommens ist, und dies nur, wenn er sich vergewissert hat, daß die fragliche Macht willens und in der Lage ist, das Abkommen anzuwenden. Werden Kriegsgefangene unter diesen Umständen übergeben, so übernimmt die sie aufnehmende Macht die Verantwortung für die Anwendung des Abkommens, solange sie ihr anvertraut sind.
Sollte diese Macht indessen die Bestimmungen des Abkommens nicht in allen wichtigen Punkten einhalten, so ergreift die Macht, die die Kriegsgefangenen übergeben hat, auf Notifizierung der Schutzmacht hin wirksame Maßnahmen, um Abhilfe zu schaffen, oder ersucht um Rückgabe der Kriegsgefangenen. Einem solchen Ersuchen muß stattgegeben werden.
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Artikel 13 - [Behandlung]
Die Kriegsgefangenen müssen jederzeit mit Menschlichkeit behandelt werden. Jede rechtswidrige Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamsstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in seinen Händen befindlichen Kriegsgefangenen zur Folge hat, ist untersagt und gilt als schwere Verletzung des vorliegenden Abkommens. Insbesondere dürfen an den Kriegsgefangenen keine Verstümmelungen oder medizinischen oder wissenschaftlichen Versuche irgendwelcher Art vorgenommen werden, die nicht durch die ärztliche Behandlung des betreffenden Kriegsgefangenen gerechtfertigt sind und nicht in seinem Interesse liegen.
Die Kriegsgefangenen werden ferner jederzeit geschützt, insbesondere auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigungen und öffentlicher Neugier.
Vergeltungsmaßnahmen gegen Kriegsgefangene sind untersagt.
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Artikel 14 - [Achtung der Person des Gefangenen]
Die Kriegsgefangenen haben unter allen Umständen Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Ehre.
Frauen werden mit aller ihrem Geschlecht gebührenden Rücksicht behandelt und erfahren auf jeden Fall eine ebenso günstige Behandlung wie die Männer.
Die Kriegsgefangenen behalten ihre volle bürgerliche Rechtsfähigkeit, wie sie im Augenblick ihrer Gefangennahme bestand. Der Gewahrsamsstaat darf deren Ausübung innerhalb oder außerhalb seines Gebietes nur insofern einschränken, als es die Gefangenschaft erfordert.
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Artikel 15 - [Unterkunft; ärztliche Behandlung]
Der Gewahrsamsstaat ist verpflichtet, unentgeltlich für den Unterhalt der Kriegsgefangenen aufzukommen und ihnen unentgeltlich die ärztliche Behandlung angedeihen zu lassen, die ihr Gesundheitszustand erfordert.
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Artikel 16 - [Gleichbehandlung]
Unter Berücksichtigung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens hinsichtlich Dienstgrad und Geschlecht und vorbehaltlich der den Kriegsgefangenen auf Grund ihres Gesundheitszustandes, ihres Alters oder ihrer beruflichen Eignung gewährten Vergünstigungen sind alle Kriegsgefangenen durch den Gewahrsamsstaat gleich zu behandeln, ohne jede auf Rasse, Nationalität, Religion, politischer Meinung oder irgendeinem anderen ähnlichen Unterscheidungsmerkmal beruhende Benachteiligung.
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Teil III
Gefangenschaft-
Abschnitt I
Beginn der Gefangenschaft-
Artikel 17 - [Auskunfterteilung durch Kriegsgefangene]
Jeder Kriegsgefangene ist auf Befragen nur verpflichtet, seinen Namen, seine Vornamen, seinen Dienstgrad, sein Geburtsdatum und seine Matrikelnummer zu nennen oder, wenn diese fehlt, eine andere gleichwertige Angabe zu machen.
Handelt er wissentlich gegen diese Vorschrift, so setzt er sich einer Beschränkung der Vergünstigungen aus, die den Kriegsgefangenen seines Dienstgrades oder seiner Stellung zustehen.
Jede der am Konflikt beteiligten Parteien ist verpflichtet, allen Personen, die unter ihrer Hoheit stehen und in Kriegsgefangenschaft geraten könnten, eine Ausweiskarte auszuhändigen, auf der Name, Vornamen und Dienstgrad, Matrikelnummer oder eine gleichwertige Angabe und das Geburtsdatum verzeichnet sind. Diese Karte kann außerdem mit der Unterschrift oder den Fingerabdrücken oder mit beidem sowie mit allen sonstigen den am Konflikt beteiligten Parteien für die Mitglieder ihrer Streitkräfte wünschenswert erscheinenden Angaben versehen sein. Soweit möglich mißt diese Karte 6,5 × 10 cm und wird in zwei Exemplaren ausgestellt. Der Kriegsgefangene hat diese Ausweiskarte auf jedes Verlangen hin vorzuweisen; sie darf ihm jedoch keinesfalls abgenommen werden.
Zur Erlangung irgendwelcher Auskünfte dürfen die Kriegsgefangenen weder körperlichen noch seelischen Folterungen ausgesetzt, noch darf irgendein anderer Zwang auf sie ausgeübt werden. Die Kriegsgefangenen, die eine Auskunft verweigern, dürfen weder bedroht noch beleidigt noch Unannehmlichkeiten oder Nachteilen irgendwelcher Art ausgesetzt werden.
Kriegsgefangene, die infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht fähig sind, sich über ihre Person auszuweisen, werden dem Sanitätsdienst anvertraut. Die Identität dieser Kriegsgefangenen wird, vorbehaltlich der Bestimmungen des vorstehenden Absatzes, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln festgestellt.
Die Kriegsgefangenen werden in einer für sie verständlichen Sprache vernommen.
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Artikel 18 - [Persönliche Sachen]
Alle persönlichen Sachen und Gebrauchsgegenstände – außer Waffen, Pferden, militärischer Ausrüstung und Schriftstücken militärischen Inhalts – verbleiben, ebenso wie die Stahlhelme, die Gasmasken und alle anderen zum persönlichen Schutz dienenden Gegenstände, im Besitz der Kriegsgefangenen. Sämtliche Sachen und Gegenstände, die zu ihrer Bekleidung und Verpflegung dienen, verbleiben ebenfalls in ihrem Besitz, auch wenn sie zu ihrer vorschriftsmäßigen militärischen Ausrüstung gehören.
Die Kriegsgefangenen müssen stets im Besitz eines Ausweispapiers sein. Der Gewahrsamsstaat stellt denen, die keinen Ausweis besitzen, einen solchen aus.
Dienstgrad- und Nationalitätsabzeichen, Ehrenzeichen sowie Gegenstände, die hauptsächlich persönlichen oder gefühlsmäßigen Wert haben, dürfen den Kriegsgefangenen nicht abgenommen werden.
Geldbeträge, die die Kriegsgefangenen bei sich tragen, dürfen ihnen nur auf Befehl eines Offiziers abgenommen werden, und dies erst nach Eintragung der Summe und der Bezeichnung des Besitzers in ein besonderes Register sowie nach Aushändigung einer ins einzelne gehenden Empfangsbestätigung, auf der Name, Dienstgrad und Einheit des Ausstellers lesbar aufgeführt sind. Die Beträge in der Währung des Gewahrsamsstaates sowie diejenigen, die auf Verlangen des Kriegsgefangenen in diese Währung umgewechselt werden, werden gemäß Artikel 64 dem Konto des Kriegsgefangenen gutgeschrieben.
Wertgegenstände dürfen den Kriegsgefangenen durch den Gewahrsamsstaat nur aus Gründen der Sicherheit abgenommen werden. In diesem Falle wird das gleiche Verfahren angewendet wie bei der Abnahme der Geldbeträge.
Diese Wertgegenstände sowie die abgenommenen Geldbeträge in jeder anderen Währung als derjenigen des Gewahrsamsstaates, deren Umwechslung vom Besitzer nicht verlangt wird, werden vom Gewahrsamsstaat aufbewahrt und dem Kriegsgefangenen bei Beendigung der Gefangenschaft in ihrer ursprünglichen Form zurückerstattet.
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Artikel 19 - [Lager außerhalb der Kampfzone]
Die Kriegsgefangenen werden nach ihrer Gefangennahme möglichst bald in Lager geschafft, die von der Kampfzone so weit entfernt sind, daß sie sich außer Gefahr befinden.
In einer Gefahrenzone dürfen nur solche Gefangene vorübergehend zurückbehalten werden, die infolge ihrer Verwundungen oder Krankheiten bei der Wegschaffung in ein Lager größeren Gefahren ausgesetzt wären als beim Verbleiben an Ort und Stelle.
Die Kriegsgefangenen werden bis zu ihrer Wegschaffung aus der Kampfzone nicht unnötig Gefahren ausgesetzt.
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Artikel 20 - [Wegschaffung]
Das Wegschaffen der Kriegsgefangenen erfolgt immer mit Menschlichkeit und unter ähnlichen Bedingungen wie bei der Verlegung der Truppen des Gewahrsamsstaates.
Der Gewahrsamsstaat versieht die wegzuschaffenden Kriegsgefangenen mit Trinkwasser und Verpflegung in genügender Menge sowie mit der notwendigen Bekleidung und ärztlichen Pflege; er trifft ferner alle zweckdienlichen Vorkehrungen, um die Sicherheit der Gefangenen während der Wegschaffung zu gewährleisten und erstellt sobald wie möglich ein Verzeichnis der weggeschafften Gefangenen.
Müssen die Kriegsgefangenen während der Wegschaffung in Durchgangslagern untergebracht werden, so wird ihr Aufenthalt in diesen Lagern so kurz wie möglich bemessen.
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Abschnitt II
Internierung der Kriegsgefangenen-
Kapitel I
Allgemeines-
Artikel 21 - [Internierung; Freilassung auf Ehrenwort]
Der Gewahrsamsstaat kann die Kriegsgefangenen internieren. Er kann ihnen die Verpflichtung auferlegen, sich nicht über eine gewisse Grenze vom Lager, in dem sie interniert sind, zu entfernen oder, wenn das Lager eingezäunt ist, nicht über diese Umzäunung hinauszugehen. Vorbehaltlich der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens betreffend Straf- und disziplinarische Maßnahmen ist ihre Einschließung oder Beschränkung auf einen Raum nur als unerläßliche Maßnahme zum Schutze ihrer Gesundheit zulässig und zwar nur, solange die Umstände, die diese Maßnahme nötig machten, andauern.
Die Kriegsgefangenen können auf Ehrenwort oder Versprechen teilweise oder ganz freigelassen werden, sofern die Gesetze der Macht, von der sie abhängen, dies gestatten. Diese Maßnahme wird namentlich dann getroffen, wenn sie zur Besserung des Gesundheitszustandes der Gefangenen beizutragen vermag. Es darf kein Gefangener gezwungen werden, seine Freilassung auf Ehrenwort oder Versprechen anzunehmen.
Bei Eröffnung der Feindseligkeiten notifiziert jede am Konflikt beteiligte Partei der Gegenpartei ihre Rechtsvorschriften, die den Angehörigen ihres eigenen Landes die Annahme der Freilassung auf Ehrenwort oder Versprechen gestatten oder verbieten. Die gemäß diesen Rechtsvorschriften auf Ehrenwort oder Versprechen in Freiheit gesetzten Gefangenen sind bei ihrer persönlichen Ehre verpflichtet, die eingegangenen Verpflichtungen sowohl gegenüber der Macht, von der sie abhängen, wie auch gegenüber dem Gewahrsamsstaat gewissenhaft einzuhalten. In derartigen Fällen darf die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, keine Dienstleistung von ihnen verlangen oder annehmen, die gegen das eingegangene Ehrenwort oder Versprechen verstoßen würde.
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Artikel 22 - [Lager]
Die Kriegsgefangenen werden nur in Einrichtungen interniert, die auf festem Lande liegen und jede mögliche Gewähr für Hygiene und gesundheitliche Zuträglichkeit bieten; abgesehen von besonderen Fällen, in denen dies ihr eigenes Interesse rechtfertigt, werden Kriegsgefangene nicht in Strafanstalten interniert.
Kriegsgefangene, die in ungesunden Gegenden oder in Gebieten, deren Klima für sie schädlich ist, interniert sind, werden sobald wie möglich in ein günstigeres Klima geschafft.
Der Gewahrsamsstaat faßt die Kriegsgefangenen in den Lagern oder in Teilen derselben unter Berücksichtigung ihrer Nationalität, ihrer Sprache und ihrer Gebräuche zusammen, unter dem Vorbehalt, daß diese Gefangenen nicht von den Kriegsgefangenen der Streitkräfte getrennt werden, in denen sie im Augenblick ihrer Gefangennahme dienten, es sei denn, sie wären damit einverstanden.
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Artikel 23 - [Fernhaltung von Kampfzonen; Schutz vor Luftangriffen]
Kein Kriegsgefangener darf jemals in ein Gebiet gebracht oder dort zurückgehalten werden, wo er dem Feuer der Kampfzone ausgesetzt wäre; er darf auch nicht dazu verwendet werden, um durch seine Anwesenheit die Kampfhandlungen von gewissen Punkten oder Gebieten fernzuhalten.
Den Kriegsgefangenen werden in gleichem Maße wie der ortsansässigen Zivilbevölkerung Schutzräume gegen Fliegerangriffe und andere Kriegsgefahren zur Verfügung gestellt; im Falle eines Alarms dürfen sie sich so rasch wie möglich dorthin begeben, mit Ausnahme derjenigen unter ihnen, die am Schutz ihrer Unterkünfte gegen diese Gefahren teilnehmen. Jede andere zugunsten der Bevölkerung getroffene Schutzmaßnahme kommt auch ihnen zugute.
Die Gewahrsamsstaaten lassen einander durch Vermittlung der Schutzmächte alle zweckdienlichen Angaben über die geographische Lage der Kriegsgefangenenlager zugehen.
Soweit die militärischen Erwägungen es erlauben, werden die Kriegsgefangenenlager tagsüber mit den Buchstaben PG oder PW so gekennzeichnet, daß sie aus der Luft deutlich erkennbar sind; es ist den betreffenden Mächten jedoch unbenommen, sich über ein anderes Mittel zur Kennzeichnung zu einigen. Einzig die Kriegsgefangenenlager dürfen auf diese Weise gekennzeichnet werden.
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Artikel 24 - [Durchgangs- und Sonderungslager]
Die ständigen Durchgangs- und Sonderungslager werden nach ähnlichen Gesichtspunkten eingerichtet wie die in diesem Abschnitt vorgesehenen, und den dort befindlichen Kriegsgefangenen kommt die gleiche Behandlung zu wie in den anderen Lagern,
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Kapitel II
Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung der Kriegsgefangenen-
Artikel 25 - [Unterkunft]
Die Unterkunftsbedingungen der Kriegsgefangenen müssen ebenso günstig sein wie diejenigen der in der gleichen Gegend untergebrachten Truppen des Gewahrsamsstaates. Diese Bedingungen haben den Sitten und Gebräuchen der Gefangenen Rechnung zu tragen und dürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.
Die vorstehenden Bestimmungen beziehen sich namentlich auf die Schlafräume der Kriegsgefangenen, und zwar sowohl hinsichtlich des gesamten Belegraumes und des Mindestluftraumes wie auch hinsichtlich der Einrichtung und des Bettzeuges mit Einschluß der Decken.
Sowohl die für die persönliche wie die für die gemeinschaftliche Benützung durch die Kriegsgefangenen bestimmten Räume müssen vollkommen vor Feuchtigkeit geschützt und, namentlich zwischen dem Einbruch der Dunkelheit und dem Beginn der Nachtruhe, genügend geheizt und beleuchtet sein. Gegen Feuersgefahr sind alle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
In allen Lagern, in denen gleichzeitig weibliche und männliche Gefangene untergebracht sind, muß für getrennte Schlafräume gesorgt sein.
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Artikel 26 - [Verpflegung]
Die tägliche Verpflegungs-Grundration muß in bezug auf Menge, Güte und Abwechslung ausreichend sein, um einen guten Gesundheitszustand der Gefangenen zu gewährleisten und Gewichtsverluste und Mangelerscheinungen zu verhindern. Den Ernährungsgewohnheiten der Gefangenen wird ebenfalls Rechnung getragen.
Der Gewahrsamsstaat liefert den arbeitenden Kriegsgefangenen die zur Verrichtung der Arbeit, zu der sie verwendet werden, notwendige Zusatzverpflegung.
Trinkwasser wird den Kriegsgefangenen in genügender Menge geliefert. Tabakgenuß ist gestattet.
Die Kriegsgefangenen werden so häufig wie möglich bei der Zubereitung der Mahlzeiten herangezogen; sie können zu diesem Zweck in den Küchen beschäftigt werden. Außerdem erhalten sie die Hilfsmittel zur Zubereitung der Zusatzverpflegung, über die sie verfügen.
Als Eßräume und Messen sind geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Alle kollektiven Disziplinarmaßregeln hinsichtlich der Ernährung sind verboten.
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Artikel 27 - [Bekleidung]
Kleidung, Wäsche und Schuhwerk werden den Kriegsgefangenen vom Gewahrsamsstaat in genügender Menge geliefert, wobei dem Klima der Gegend, in der sich die Gefangenen befinden, Rechnung getragen wird. Die durch den Gewahrsamsstaat den feindlichen Streitkräften abgenommenen Uniformen werden, wenn sie den klimatischen Verhältnissen des Landes entsprechen, für die Bekleidung der Kriegsgefangenen verwendet.
Der Gewahrsamsstaat sorgt regelmäßig für Ersatz und Ausbesserung dieser Gegenstände. Außerdem erhalten arbeitende Kriegsgefangene einen geeigneten Arbeitsanzug, wenn immer die Art der Arbeit dies erfordert.
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Artikel 28 - [Kantinen]
In allen Lagern werden Kantinen eingerichtet, in denen sich die Kriegsgefangenen zu Preisen, die keinesfalls jene des örtlichen Handels übersteigen dürfen, Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Seife und Tabak beschaffen können.
Die Überschüsse dieser Kantinen werden zugunsten der Kriegsgefangenen verwendet; zu diesem Zweck wird ein besonderer Fonds geschaffen. Dem Vertrauensmann steht das Recht zu, bei der Verwaltung der Kantine und des Fonds mitzuwirken.
Bei der Auflösung eines Lagers wird der Überschuß dieses besonderen Fonds einer internationalen humanitären Organisation übergeben, um zugunsten von Kriegsgefangenen verwendet zu werden, die die gleiche Nationalität besitzen, wie die, welche den Fonds mit geschaffen haben. Im Falle allgemeiner Heimschaffung werden diese Überschüsse vom Gewahrsamsstaat aufbewahrt, sofern nicht eine Vereinbarung zwischen den betreffenden Mächten etwas anderes vorsieht.
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Kapitel III
Gesundheitspflege und ärztliche Betreuung-
Artikel 29 - [Gesundheitspflege]
Der Gewahrsamsstaat ist verpflichtet, alle nötigen Hygienemaßnahmen zu treffen, um die Sauberkeit und gesundheitliche Zuträglichkeit der Lager zu gewährleisten und Massenerkrankungen vorzubeugen.
Den Kriegsgefangenen stehen Tag und Nacht sanitäre Einrichtungen zur Verfügung, die den Erfordernissen der Hygiene entsprechen und dauernd sauber gehalten werden. In den Lagern, in denen sich auch weibliche Kriegsgefangene aufhalten, werden diesen getrennte sanitäre Einrichtungen zur Verfügung gestellt.
Unbeschadet der Bade- und Duschanlagen, die in den Lagern einzurichten sind, werden den Kriegsgefangenen für ihre tägliche Körperpflege und die Reinigung ihrer Wäsche genügend Wasser und Seife geliefert; die hierfür notwendigen Einrichtungen und Hilfsmittel sowie die notwendige Zeit werden ihnen gewährt.
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Artikel 30 - [Ärztliche Betreuung]
Jedes Lager besitzt eine zweckentsprechende Krankenabteilung, wo die Kriegsgefangenen die erforderliche Pflege und eine geeignete Diät erhalten können. Für die von ansteckenden oder Geisteskrankheiten befallenen Kranken werden gegebenenfalls Isolierräume bereitgestellt.
Kriegsgefangene, die von einer schweren Krankheit befallen sind oder deren Zustand eine besondere Behandlung, einen chirurgischen Eingriff oder Lazarettpflege nötig macht, werden in jeder für ihre Behandlung geeigneten militärischen oder zivilen Anstalt zugelassen, selbst wenn ihre Heimschaffung für die nächste Zeit vorgesehen ist. Für die Behandlung der Versehrten, vor allem der Blinden, sowie für ihre Umschulung bis zum Zeitpunkt ihrer Heimschaffung werden besondere Erleichterungen gewährt.
Die Kriegsgefangenen werden vorzugsweise durch ärztliches Personal der Macht, von der sie abhängen, wenn möglich durch eigene Landsleute, behandelt
Die Kriegsgefangenen dürfen nicht daran gehindert werden, sich von den ärztlichen Stellen untersuchen zu lassen. Die Behörden des Gewahrsamsstaates händigen auf Ersuchen jedem behandelten Gefangenen eine amtliche Bescheinigung aus, die die Art seiner Verletzungen oder seiner Krankheit, die Dauer der Behandlung und die erhaltene Pflege bezeichnet. Ein Doppel dieser Bescheinigung ist der Zentralstelle für Kriegsgefangene zu übermitteln.
Die Kosten der Behandlung einschließlich der Kosten aller für die Aufrechterhaltung eines guten Gesundheitszustandes der Kriegsgefangenen benötigten Geräte, insbesondere künstlicher Zähne und anderer Prothesen sowie Brillen, gehen zu Lasten des Gewahrsamsstaates.
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Artikel 31 - [Monatliche ärztliche Untersuchung]
Mindestens einmal monatlich werden die Kriegsgefangenen ärztlich untersucht. Diese Untersuchung umfaßt die Kontrolle und Aufzeichnung des Gewichtes jedes Kriegsgefangenen. Ihr Zweck ist insbesondere, den allgemeinen Gesundheits-, Ernährungs- und Sauberkeitszustand zu überwachen sowie ansteckende Krankheiten, namentlich Tuberkulose, Malaria und Geschlechtskrankheiten, festzustellen. Dazu gelangen die wirksamsten zur Verfügung stehenden Methoden zur Anwendung, zum Beispiel die periodische Reihenröntgenaufnahme auf Mikrofilm zur frühzeitigen Entdeckung von Tuberkulosefällen.
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Artikel 32 - [Verpflichtung zum Sanitätsdienst]
Kriegsgefangene, die, ohne dem Sanitätsdienst ihrer Streitkräfte angehört zu haben, Ärzte, Zahnärzte, Pfleger oder Pflegerinnen sind, können vom Gewahrsamsstaat zur Ausübung ihrer sanitätsdienstlichen Funktionen im Interesse ihrer der gleichen Macht angehörenden Mitgefangenen herangezogen werden. Sie bleiben in diesem Falle weiterhin Kriegsgefangene, werden jedoch wie die entsprechenden Angehörigen des vom Gewahrsamsstaat zurückgehaltenen Sanitätspersonals behandelt. Sie sind von jeder andern Arbeit, die ihnen gemäß Artikel 49 übertragen werden könnte, befreit.
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Kapitel IV
Zur Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgehaltenes Sanitäts- und Seelsorgepersonal-
Artikel 33 - [Zur Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgehaltenes Sanitäts- und Seelsorgepersonal]
Die vom Gewahrsamsstaat zum Zwecke der Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgehaltenen Mitglieder des Sanitäts- und Seelsorgepersonals gelten nicht als Kriegsgefangene. Sie genießen jedoch zumindest alle in dem vorliegenden Abkommen vorgesehenen Vergünstigungen und den Schutz desselben sowie alle nötigen Erleichterungen, um den Kriegsgefangenen ärztliche Pflege und geistlichen Beistand geben zu können.
Sie setzen im Rahmen der militärischen Gesetze und Verordnungen des Gewahrsamsstaates unter der Leitung seiner zuständigen Dienststellen und in Übereinstimmung mit ihrem beruflichen Verantwortungsbewußtsein ihre ärztliche und seelsorgerische Tätigkeit zugunsten der Kriegsgefangenen, vorzugsweise der ihren eigenen Streitkräften angehörenden, fort. Für die Ausübung ihrer ärztlichen oder seelsorgerischen Tätigkeit stehen ihnen ferner folgende Erleichterungen zu:
a) Sie sind berechtigt, die Kriegsgefangenen, die sich in Arbeitsgruppen oder in außerhalb des Lagers liegenden Lazaretten befinden, regelmäßig zu besuchen. Die Gewahrsamsmacht stellt ihnen zu diesem Zweck die nötigen Beförderungsmittel zur Verfügung.
b) In jedem Lager ist der dienstälteste Militärarzt des höchsten Dienstgrades den militärischen Behörden des Lagers für die gesamte Tätigkeit des zurückgehaltenen Sanitätspersonals verantwortlich. Zu diesem Zweck verständigen sich die am Konflikt beteiligten Parteien schon bei Beginn der Feindseligkeiten über die vergleichbaren Dienstgrade ihres Sanitätspersonals, einschließlich desjenigen, der in Artikel 26 des Genfer Abkommens vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde bezeichneten Gesellschaften. Für alle ihre Aufgaben betreffenden Fragen haben dieser Arzt sowie die Feldgeistlichen unmittelbaren Zutritt zu den zuständigen Lagerbebörden. Diese gewähren ihnen alle Erleichterungen, die für den mit diesen Fragen zusammenhängenden Schriftwechsel erforderlich sind.
c) Obwohl das zurückgehaltene Personal der Disziplin des Aufenthaltslagers unterstellt ist, kann es zu keiner mit seiner ärztlichen oder seelsorgerischen Tätigkeit nicht im Zusammenhang stehenden Arbeit gezwungen werden.
Im Verlauf der Feindseligkeiten verständigen sich die am Konflikt beteiligten Parteien über eine etwaige Ablösung des zurückgehaltenen Personals und legen die Art ihrer Durchführung fest.
Die vorstehenden Bestimmungen entheben die Gewahrsamsmacht keineswegs der Pflichten, die sie in gesundheitlicher und geistiger Hinsicht gegenüber den Kriegsgefangenen hat.
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Kapitel V
Religion, geistige und körperliche Betätigung-
Artikel 34 - [Abhaltung von Gottesdiensten]
Den Kriegsgefangenen wird in der Ausübung ihrer Religion, einschließlich der Teilnahme an Gottesdiensten ihres Glaubensbekenntnisses, volle Freiheit gewährt, vorausgesetzt, daß sie die Ordnungsvorschriften der Militärbehörde befolgen.
Für die Abhaltung der Gottesdienste werden geeignete Räume zur Verfügung gestellt.
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Artikel 35 - [Feldgeistliche]
Die der feindlichen Macht in die Hände gefallenen Feldgeistlichen, die zur Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgeblieben sind oder zurückgehalten werden, sind berechtigt, ihnen geistlichen Bestand zukommen zu lassen und ihr Amt unter ihren Glaubensgenossen im Einklang mit ihrem religiösen Gewissen uneingeschränkt auszuüben. Sie werden auf die verschiedenen Lager und Arbeitsgruppen verteilt, in denen sich den gleichen Streitkräften angehörende Kriegsgefangene befinden, die die gleiche Sprache sprechen oder sich zum gleichen Glauben bekennen. Es werden ihnen die nötigen Erleichterungen gewährt und insbesondere die in Artikel 33 vorgesehenen Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt, damit sie die außerhalb ihres Lagers befindlichen Kriegsgefangenen besuchen können. Sie genießen unter Vorbehalt der Zensur zur Ausübung ihres religiösen Amtes volle Freiheit im Schriftwechsel mit den kirchlichen Behörden des Gewahrsamsstaates und den internationalen religiösen Organisationen. Zu diesem Zweck können Briefe und Karten zusätzlich zu der in Artikel 71 vorgesehenen Anzahl versandt werden.
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Artikel 36 - [Andere Geistliche]
Diejenigen Kriegsgefangenen, die geistlichen Standes sind, ohne in der eigenen Armee Feldgeistliche gewesen zu sein, werden, gleich welchem Glaubensbekenntnis sie angehören, ermächtigt, ihr geistliches Amt unter ihren Glaubensgenossen uneingeschränkt auszuüben. Sie genießen zu diesem Zweck die gleiche Behandlung wie die durch den Gewahrsamsstaat zurückgehaltenen Feldgeistlichen. Sie dürfen zu keiner anderen Arbeit gezwungen werden.
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Artikel 37 - [Fehlen von Geistlichen]
Sofern Kriegsgefangenen der Beistand eines zurückgehaltenen Feldgeistlichen oder eines kriegsgefangenen Geistlichen ihres Glaubensbekenntnisses nicht zur Verfügung steht, wird auf Verlangen der betreffenden Kriegsgefangenen ein Geistlicher ihres oder eines ähnlichen Bekenntnisses oder, in Ermangelung eines solchen und wenn dies vom konfessionellen Gesichtspunkt aus möglich ist, ein befähigter Laie zur Ausübung des geistlichen Amtes namhaft gemacht. Diese der Zustimmung des Gewahrsamsstaates unterliegende Ernennung erfolgt im Einvernehmen mit der Gemeinschaft der betreffenden Kriegsgefangenen und, wo es nötig ist, mit Zustimmung der örtlichen geistlichen Behörde des gleichen Bekenntnisses. Die so ernannte Person hat alle vom Gewahrsamsstaat im Interesse der Disziplin und der miltärischen Sicherheit erlassenen Vorschriften zu befolgen.
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Artikel 38 - [Geistige und körperliche Betätigung]
Der Gewahrsamsstaat fördert unter Achtung der persönlichen Vorliebe der einzelnen Gefangenen die geistige, erzieherische, sportliche und die der Erholung dienende Betätigung der Kriegsgefangenen; er trifft die nötigen Maßnahmen, um diese Betätigung zu gewährleisten, indem er ihnen geeignete Räume sowie die nötige Ausrüstung zur Verfügung stellt.
Den Kriegsgefangenen muß die Möglichkeit zu körperlichen Übungen, einschließlich Sport und Spiele, und zum Aufenthalt im Freien geboten werden. Zu diesem Zwecke sind in allen Lagern genügend offene Plätze zur Verfügung zu stellen.
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Kapitel VI
Disziplin-
Artikel 39 - [Lagerkommandant; Grußpflichten]
Jedes Kriegsgefangenenlager wird der unmittelbaren Leitung eines den regulären Streitkräften des Gewahrsamsstaates angehörenden verantwortlichen Offiziers unterstellt. Dieser Offizier muß den Wortlaut des vorliegenden Abkommens besitzen und darüber wachen, daß dessen Bestimmungen dem unter seinem Befehl stehenden Personal bekannt sind; er ist, unter der Kontrolle seiner Regierung, für dessen Anwendung verantwortlich.
Mit Ausnahme der Offiziere schulden die Kriegsgefangenen allen Offizieren des Gewahrsamsstaates den Gruß und die in den Vorschriften der eigenen Armee vorgesehenen Ehrenbezeugungen.
Die kriegsgefangenen Offiziere haben nur die Offiziere höheren Dienstgrades des Gewahrsamsstaates zu grüßen; auf jeden Fall schulden sie dem Lagerkommandanten, ohne Rücksicht auf dessen Dienstgrad, den Gruß.
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Artikel 40 - [Tragen von Abzeichen und Auszeichnungen]
Das Tragen der Dienstgrad- und Nationalitätsabzeichen sowie der Auszeichnungen ist gestattet.
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Artikel 41 - [Aushang dieses Abkommens; Bekanntmachungen]
In jedem Lager wird der Wortlaut des vorliegenden Abkommens und seiner Anhänge sowie der Inhalt aller in Artikel 6 vorgesehenen Sondervereinbarungen in der Sprache der Kriegsgefangenen an Stellen angeschlagen, wo sie von sämtlichen Gefangenen eingesehen werden können. Auf Verlangen werden sie denjenigen Gefangenen, die nicht in der Lage sind, vom angeschlagenen Wortlaut Kenntnis zu nehmen, bekanntgegeben.
Vorschriften, Anordnungen, Ankündigungen und Bekanntmachungen jeder Art, die sich auf das Verhalten der Kriegsgefangenen beziehen, werden, diesen in einer für sie verständlichen Sprache bekanntgegeben; sie werden in der oben beschriebenen Weise angeschlagen, und dem Vertrauensmann werden weitere Exemplare ausgehändigt. Auch alle an einzelne Gefangene gerichteten Befehle und Anordnungen werden in einer ihnen verständlichen Sprache erteilt.
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Artikel 42 - [Waffengebrauch gegen Kriegsgefangene]
Der Waffengebrauch gegen Kriegsgefangene, besonders gegen solche, die flüchten oder zu flüchten versuchen, darf nur ein äußerstes Mittel darstellen, dem stets den Umständen entsprechende Warnungen voranzugehen haben.
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Kapitel VII
Dienstgrade der Kriegsgefangenen-
Artikel 43 - [Gegenseitige Bekanntgabe der Rangbezeichnungen]
Bei Eröffnung der Feindseligkeiten geben sich die am Konflikt beteiligten Parteien gegenseitig die Rangbezeichnungen und Dienstgrade aller in Artikel 4 des vorliegenden Abkommens aufgeführten Personen bekannt, um die Gleichmäßigkeit in der Behandlung der Gefangenen gleichen Dienstgrades zu gewährleisten; werden Rangbezeichnungen oder Dienstgrade erst nachträglich geschaffen, so werden sie in gleicher Weise bekanntgegeben.
Der Gewahrsamsstaat erkennt die Beförderungen von Kriegsgefangenen an, wenn sie ihm von der Macht, von der diese Gefangenen abhängen, ordnungsgemäß mitgeteilt werden.
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Artikel 44 - [Offiziere]
Offiziere und ihnen gleichgestellte Kriegsgefangene werden mit der ihrem Dienstgrad und ihrem Alter zukommenden Rücksicht behandelt.
Zur Sicherstellung des Dienstbetriebes in den Offizierslagern werden diesen Lagern kriegsgefangene Mannschaften derselben Streitkräfte, die möglichst die gleiche Sprache wie die Offiziere sprechen, in ausreichender, dem Dienstgrad der Offiziere und der ihnen gleichgestellten Kriegsgefangenen entsprechender Zahl zugeteilt; sie dürfen zu keiner anderen Arbeit gezwungen werden.
Bei der Beköstigung wird die Selbstverwaltung durch die Offiziere auf jede Art gefördert.
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Artikel 45 - [Soldaten]
Alle nicht zu den Offizieren und den ihnen Gleichgestellten zählenden Kriegsgefangenen werden mit der ihrem Dienstgrad und ihrem Alter zukommenden Rücksicht behandelt.
Bei der Beköstigung wird die Selbstverwaltung durch die Kriegsgefangenen auf jede Art gefördert.
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Kapitel VIII
Verlegung von Kriegsgefangenen nach ihrer Ankunft im Lager-
Artikel 46 - [Verlegungen]
Beim Entscheid über eine Verlegung von Kriegsgefangenen berücksichtigt der Gewahrsamsstaat die Interessen derselben; insbesondere unternimmt er nichts, was die Schwierigkeiten bei ihrer Heimschaffung vergrößern könnte.
Verlegungen von Kriegsgefangenen werden stets mit Menschlichkeit und unter nicht minder günstigen Bedingungen als Verlegungen der Truppen des Gewahrsamsstaates durchgeführt. Auf die klimatischen Verhältnisse, an die die Kriegsgefangenen gewohnt sind, ist immer Rücksicht zu nehmen; die Bedingungen der Verlegung dürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.
Der Gewahrsamsstaat versorgt die Kriegsgefangenen während der Verlegung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln in genügender Menge, um sie bei guter Gesundheit zu erhalten; er sorgt ebenfalls für die notwendige Bekleidung und Unterkunft sowie die erforderliche ärztliche Pflege. Er trifft alle zweckdienlichen Vorsichtsmaßnahmen, namentlich im Falle der Beförderung zur See oder in der Luft, um ihre Sicherheit während der Verlegung zu gewährleisten; vor der Abreise stellt er eine vollständige Liste der zu verlegenden Gefangenen auf.
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Artikel 47 - [Kranke und Verwundete]
Kranke oder verwundete Kriegsgefangene werden nicht verlegt, wenn die Reise ihre Genesung beeinträchtigen könnte; es sei denn, daß ihre Sicherheit es zwingend erfordert.
Nähert sich die Front einem Lager, so dürfen die dort befindlichen Kriegsgefangenen nur verlegt werden, wenn dies unter ausreichenden Sicherheitsbedingungen geschehen kann oder wenn sie durch Verbleib an Ort und Stelle größeren Gefahren ausgesetzt sind, als dies bei einer Verlegung der Fall wäre.
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Artikel 48 - [Benachrichtigung; Gepäck]
In Verlegungsfällen werden die Kriegsgefangenen amtlich von ihrem Abtransport und ihrer neuen Postanschrift in Kenntnis gesetzt; diese Mitteilung wird ihnen so frühzeitig gemacht, daß sie ihr Gepäck vorbereiten und ihre Familien benachrichtigen können.
Es wird ihnen gestattet, ihre persönlichen Sachen, ihre Briefschaften und die für sie eingetroffenen Pakete mitzunehmen; das Gewicht dieses Gepäcks kann, falls die Umstände der Verlegung es erfordern, auf das beschränkt werden, was der Kriegsgefangene vernünftigerweise tragen kann, keinesfalls jedoch darf das erlaubte Gewicht 25 kg überschreiten.
Die Briefschaften und Pakete, die an ihr ehemaliges Lager gerichtet werden, werden ihnen ohne Verzug nachgeschickt. Der Lagerkommandant ergreift gemeinsam mit dem Vertrauensmann die notwendigen Maßnahmen, um die Überführung des Gemeinschaftseigentums der Gefangenen und des Gepäcks sicherzustellen, das die Gefangenen infolge einer auf Grund von Absatz 2 dieses Artikels verordneten Beschränkung nicht mit sich nehmen können.
Die Kosten der Verlegung gehen zu Lasten des Gewahrsamsstaates.
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Abschnitt III
Arbeit der Kriegsgefangenen-
Artikel 49 - [Arbeitspflichten]
Der Gewahrsamsstaat kann die gesunden Kriegsgefangenen unter Berücksichtigung ihres Alters, ihres Geschlechts, ihres Dienstgrades sowie ihrer körperlichen Fähigkeiten zu Arbeiten heranziehen, besonders um sie in gutem körperlichen und moralischen Gesundheitszustand zu erhalten.
Die kriegsgefangenen Unteroffiziere dürfen nur zu Aufsichtsdiensten herangezogen werden. Diejenigen, die nicht dazu benötigt werden, können um eine andere ihnen zusagende Arbeit nachsuchen, die ihnen nach Möglichkeit zu verschaffen ist.
Falls Offiziere oder ihnen Gleichgestellte um eine ihnen zusagende Arbeit nachsuchen, ist sie ihnen nach Möglichkeit zu verschaffen. Auf keinen Fall dürfen sie jedoch zur Arbeit gezwungen werden.
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Artikel 50 - [Zugelassene Arbeiten]
Außer den Arbeiten, die mit der Verwaltung, der Einrichtung und der Instandhaltung ihres Lagers in Zusammenhang stehen, dürfen die Kriegsgefangenen nur zu Arbeiten angehalten werden, die unter eine der nachfolgend angeführten Kategorien fallen:
a) Landwirtschaft;
b) Industrien, die sich mit dem Abbau oder der Erzeugung von Rohstoffen oder der Herstellung von Gütern befassen, mit Ausnahme der metallurgischen, der chemischen und der Maschinenindustrie; öffentliche Arbeiten und Bauarbeiten, sofern sie nicht militärischen Charakter oder eine militärische Bestimmung haben;
c) Transport- und Lager-Arbeiten ohne militärischen Charakter oder militärische Bestimmung;
d) kommerzielle, künstlerische oder handwerkliche Betätigung;
e) häusliche Dienste;
f) öffentliche Dienste ohne militärischen Charakter oder militärische Bestimmung.
Im Falle einer Verletzung dieser vorgenannten Bestimmungen steht den Kriegsgefangenen gemäß Artikel 78 das Recht zu, Beschwerde zu führen.
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Artikel 51 - [Arbeitsbedingungen]
Den Kriegsgefangenen müssen angemessene Arbeitsbedingungen gewährt werden, insbesondere hinsichtlich Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und Material; diese Bedingungen dürfen nicht schlechter sein als diejenigen, die den Angehörigen des Gewahrsamsstaates für gleiche Arbeit gewährt werden; dabei werden die klimatischen Verhältnisse ebenfalls berücksichtigt.
Der Gewahrsamsstaat, der die Arbeit der Kriegsgefangenen in Anspruch nimmt, wacht darüber, daß in den Gebieten, wo diese Gefangenen arbeiten, die Landesgesetze über den Arbeitsschutz und insbesondere die Vorschriften über die Sicherheit der Arbeiter eingehalten werden.
Die Kriegsgefangenen werden angelernt und mit Schutzmitteln versehen, die der ihnen zugewiesenen Arbeit angepaßt sind und den für die Angehörigen des Gewahrsamsstaates vorgesehenen entsprechen. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 52 dürfen die Kriegsgefangenen den normalen Gefahren, die auch Zivilarbeiter auf sich nehmen müssen, ausgesetzt werden.
Auf keinen Fall werden die Arbeitsbedingungen durch Disziplinarmaßnahmen verschärft.
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Artikel 52 - [Verbotene Arbeiten]
Kein Kriegsgefangener wird für ungesunde oder gefährliche Arbeiten verwendet, es sei denn, er melde sich freiwillig.
Kein Kriegsgefangener wird zu Arbeiten herangezogen, die für ein Mitglied der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates als erniedrigend angesehen würden.
Das Entfernen von Minen oder anderen ähnlichen Vorrichtungen gilt als gefährliche Arbeit.
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Artikel 53 - [Arbeitszeit]
Die tägliche Arbeitszeit der Kriegsgefangenen, einschließlich des Hin- und Rückweges, darf nicht übermäßig sein; sie darf auf keinen Fall die Arbeitszeit überschreiten, die für einen dem Gewahrsamsstaat angehörenden und für die gleiche Arbeit verwendeten Zivilarbeiter in der Gegend zulässig ist.
Den Kriegsgefangenen wird nach halber Tagesarbeit eine Ruhepause von mindestens einer Stunde eingeräumt; ist die für die Arbeiter des Gewahrsamsstaates vorgesehene Ruhepause von längerer Dauer, so gilt dies auch für die Kriegsgefangenen. Außerdem wird ihnen wöchentlich eine ununterbrochene vierundzwanzigstündige Ruhezeit gewährt, und zwar vorzugsweise am Sonntag oder an dem in ihrem Heimatlande üblichen Ruhetag. Zusätzlich wird jedem Kriegsgefangenen, der während eines ganzen Jahres gearbeitet hat, eine ununterbrochene achttägige Ruhezeit eingeräumt, für die ihm der Arbeitsentgelt ausgezahlt wird.
Werden Arbeitsmethoden wie zum Beispiel Akkordarbeit angewendet, so darf dadurch die Arbeitszeit nicht übermäßig ausgedehnt werden.
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Artikel 54 - [Arbeitsentgelt; Arbeitsunfälle]
Der den Kriegsgefangenen zustehende Arbeitsentgelt wird gemäß den Bestimmungen von Artikel 62 des vorliegenden Abkommens festgesetzt.
Den Kriegsgefangenen, die einen Arbeitsunfall erlitten haben oder die während oder infolge ihrer Arbeit erkrankt sind, wird jegliche ihrem Zustand entsprechende Pflege gewährt. Außerdem händigt ihnen der Gewahrsamsstaat ein ärztliches Zeugnis aus, mit dem sie gegenüber der Macht, von der sie abhängen, ihre Rechte geltend machen können; ein Doppel dieses Zeugnisses wird durch den Gewahrsamsstaat der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene übermittelt.
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Artikel 55 - [Ärztliche Betreuung]
Die Arbeitsfähigkeit der Kriegsgefangenen wird periodisch, mindestens einmal im Monat, einer ärztlichen Kontrolle unterzogen. Bei dieser Untersuchungen wird insbesondere die Art der Arbeiten berücksichtigt, zu denen die Kriegsgefangenen herangezogen sind.
Glaubt ein Kriegsgefangener nicht arbeitsfähig zu sein, so ist er berechtigt, sich den ärztlichen Instanzen seines Lagers zur Untersuchung zu stellen; die Ärzte können Kriegsgefangene, die ihrer Ansicht nach nicht arbeitsfähig sind, für Arbeitsbefreiung empfehlen.
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Artikel 56 - [Arbeitsgruppe]
Die Arbeitsgruppen werden in ähnlicher Weise organisiert und verwaltet wie die Kriegsgefangenenlager.
Jede Arbeitsgruppe verbleibt unter der Kontrolle eines Kriegsgefangenenlagers und hängt verwaltungsmäßig weiter von ihm ab. Die Militärbehörden und der Lagerkommandant sind unter der Kontrolle ihrer Regierung dafür verantwortlich, daß die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens in den Arbeitsgruppen beachtet werden.
Der Lagerkommandant führt ein stets auf dem neuesten Stand gehaltenes Verzeichnis der seinem Lager unterstellten Arbeitsgruppen und legt es den Delegierten der Schutzmacht, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und anderer Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene vor, die das Lager besuchen.
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Artikel 57 - [Arbeit von Privatpersonen]
Die Behandlung der Kriegsgefangenen, die für Privatpersonen arbeiten, entspricht, selbst wenn letztere für die Bewachung und den Schutz die Verantwortung tragen, mindestens der durch das vorliegende Abkommen vorgesehenen Behandlung; der Gewahrsamsstaat, die militärischen Behörden und der Kommandant des Lagers, zu dem diese Gefangenen gehören, tragen die gesamte Verantwortung für den Unterhalt, die Betreuung, die Behandlung und die Auszahlung des Arbeitsentgelts dieser Kriegsgefangenen.
Diese Kriegsgefangenen haben das Recht, mit den Vertrauensleuten der Lager, denen sie unterstellt sind, in Verbindung zu bleiben.
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Abschnitt IV
Geldmittel der Kriegsgefangenen-
Artikel 58 - [Bargeld]
Der Gewahrsamsstaat kann von Beginn der Feindseligkeiten an und in Erwartung einer entsprechenden Regelung mit der Schutzmacht den Höchstbetrag an Bargeld oder ähnlichen Zahlungsmitteln festsetzen, den die Kriegsgefangenen bei sich tragen dürfen. Die rechtmäßig in ihrem Besitz befindlichen, ihnen abgenommenen oder zurückbehaltenen Mehrbeträge sowie die von ihnen hinterlegten Geldbeträge werden ihrem Konto gutgeschrieben und dürfen ohne ihre Einwilligung nicht in eine andere Währung umgewechselt werden.
Sind die Kriegsgefangenen ermächtigt, außerhalb des Lagers gegen Barzahlung Käufe zu tätigen oder Dienstleistungen entgegenzunehmen, so werden diese Zahlungen durch die Kriegsgefangenen selbst oder durch die Lagerverwaltung vorgenommen, die sie zu Lasten der Gefangenen verbucht. Der Gewahrsamsstaat erläßt die nötigen diesbezüglichen Bestimmungen.
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Artikel 59 - [Abgenommene Geldbeträge]
Die gemäß Artikel 18 den Kriegsgefangenen bei ihrer Gefangennahme abgenommenen Geldbeträge in der Währung des Gewahrsamsstaates werden entsprechend den Bestimmungen von Artikel 64 dieses Abschnittes den einzelnen Konten der Gefangenen gutgeschrieben.
Das gleiche gilt für die den Kriegsgefangenen gleichzeitig abgenommenen und in die Währung des Gewahrsamsstaates umgewechselten Beträge fremder Währung.
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Artikel 60 - [Soldvorschüsse]
Der Gewahrsamsstaat zahlt den Kriegsgefangenen einen monatlichen Soldvorschuß aus, dessen Höhe, in Geld des Gewahrsamsstaates umgewandelt, folgenden Beträgen entspricht:
Kategorie I: Kriegsgefangene unter dem Dienstgrade eines Feldwebels: acht Schweizer Franken;
Kategorie II: Feldwebel und andere Unteroffiziere oder Kriegsgefangene mit entsprechendem Dienstgrad: zwölf Schweizer Franken;
Kategorie III: Offiziere unter dem Rang eines Majors oder Kriegsgefangene mit entsprechendem Dienstgrad: fünfzig Schweizer Franken;
Kategorie IV: Majore, Oberstleutnante, Oberste oder Kriegsgefangene mit entsprechendem Dienstgrad: sechzig Schweizer Franken;
Kategorie V: Offiziere im Generalsrang oder Kriegsgefangene mit entsprechendem Dienstgrad: fünfundsiebzig Schweizer Franken.
Jedoch ist es den am Konflikt beteiligten Parteien freigestellt, die Höhe dieser den Kriegsgefangenen der oben angeführten Kategorien zustehenden Soldvorschüsse durch Sondervereinbarung abzuändern.
Sind ferner die im ersten Absatz dieses Artikels vorgesehenen Beträge im Vergleich zu dem den Mitgliedern der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates ausbezahlten Sold zu hoch oder bereiten sie aus irgendeinem andern Grunde diesem Staat ernsthafte Schwierigkeiten, so wird der Gewahrsamsstaat bis zum Abschluß einer Sondervereinbarung über die Abänderung dieser Beträge mit der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen,
a) die im ersten Absatz vorgesehenen Beträge weiterhin den Konten der Kriegsgefangenen gutschreiben;
b) die Beträge, die er aus den Soldvorschüssen den Kriegsgefangenen für ihre persönliche Verwendung zur Verfügung stellt, vorübergehend auf ein vernünftiges Maß beschränken können; jedoch dürfen diese Beträge für die Gefangenen der Kategorie I keinesfalls niedriger sein als die den Mitgliedern der eigenen Streitkräfte des Gewahrsamsstaates gezahlten Beträge.
Die Gründe einer solchen Beschränkung werden der Schutzmacht ohne Verzug bekanntgegeben.
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Artikel 61 - [Soldzulage durch Heimatstaat]
Der Gewahrsamsstaat nimmt Geldsendungen, die die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, diesen als Soldzulage überweist, unter der Bedingung an, daß diese Beträge für jeden Gefangenen derselben Kategorie gleich hoch sind, daß sie an sämtliche dieser Macht angehörende Gefangene dieser Kategorie überwiesen werden, und daß sie so bald wie möglich gemäß den Bestimmungen von Artikel 64 den persönlichen Konten der Gefangenen gutgeschrieben werden. Diese Soldzulagen befreien den Gewahrsamsstaat von keiner der ihm durch das vorliegende Abkommen auferlegten Verpflichtungen.
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Artikel 62 - [Arbeitsentgelt]
Die Kriegsgefangenen erhalten unmittelbar durch die Behörden des Gewahrsamsstaates einen angemessenen Arbeitsentgelt, dessen Höhe durch diese Behörden festgesetzt wird, jedoch keinesfalls niedriger sein darf als ein Viertel eines Schweizer Franken für den ganzen Arbeitstag. Der Gewahrsamsstaat gibt den Gefangenen und durch Vermittlung der Schutzmacht der Macht, von der sie abhängen, die von ihm festgesetzte Höhe des täglichen Arbeitsentgelts bekannt.
Die Behörden des Gewahrsamsstaates zahlen auch denjenigen Kriegsgefangenen einen Arbeitsentgelt, die im Zusammenhang mit der Verwaltung, der inneren Einrichtung oder der Instandhaltung des Lagers ständige Funktionen ausüben oder handwerkliche Arbeit leisten; dasselbe gilt für Kriegsgefangene, die zur Ausübung geistlicher oder ärztlicher Funktionen für ihre Kameraden benötigt werden.
Der Arbeitsentgelt des Vertrauensmannes, seiner Gehilfen und etwaigen Berater wird dem aus den Überschüssen der Kantine gebildeten Fonds entnommen; die Höhe dieses Entgelts wird vom Vertrauensmann festgesetzt und vom Lagerkommandanten genehmigt. Besteht kein derartiger Fonds, so zahlen die Behörden des Gewahrsamsstaates diesen Gefangenen einen angemessenen Entgelt.
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Artikel 63 - [Geldsendungen]
Die Kriegsgefangenen sind berechtigt, Geldsendungen zu empfangen, die ihnen einzeln oder gemeinsam zugehen.
Jeder Kriegsgefangene kann über das Guthaben seines im nachfolgenden Artikel vorgesehenen Kontos innerhalb der vom Gewahrsamsstaat, der die verlangten Zahlungen vornimmt, festgelegten Grenzen verfügen. Unter Vorbehalt der vom Gewahrsamsstaat als wesentlich erachteten Einschränkungen finanzieller oder währungstechnischer Art sind die Kriegsgefangenen berechtigt, Zahlungen nach dem Ausland zu tätigen. In diesen Fällen begünstigt der Gewahrsamsstaat vor allem solche Zahlungen, die die Gefangenen an Personen anweisen, für deren Unterhalt sie aufzukommen haben.
Auf jeden Fall können die Kriegsgefangenen mit dem Einverständnis der Macht, von der sie abhängen, Zahlungen in ihr eigenes Land nach folgendem Verfahren vornehmen lassen: der Gewahrsamsstaat läßt besagtem Staat durch Vermittlung der Schutzmacht eine Anzeige zukommen, die alle zweckdienlichen Angaben über den Anweiser und den Empfänger sowie über die Höhe des auszuzahlenden Betrages, in der Währung des Gewahrsamsstaates ausgedrückt, enthält; diese Anzeige wird von dem betreffenden Kriegsgefangenen unterzeichnet und vom Lagerkommandanten gegengezeichnet. Der Gewahrsamsstaat belastet das Konto des Gefangenen mit diesem Betrag; die so abgebuchten Beträge schreibt er der Macht gut, von der die Gefangenen abhängen.
Für die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen kann der Gewahrsamsstaat zweckmäßigerweise die in Anhang V des vorliegenden Abkommens enthaltene Muster-Regelung zu Rate ziehen.
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Artikel 64 - [Persönliche Konten der Kriegsgefangenen]
Der Gewahrsamsstaat führt für jeden Kriegsgefangenen ein Konto, das zumindest folgende Angaben enthält:
1. Die dem Gefangenen geschuldeten oder von ihm als Soldvorschuß, als Arbeitsentgelt oder auf Grund einer anderen Forderung bezogenen Beträge; die dem Gefangenen abgenommenen Beträge in der Währung des Gewahrsamsstaates; die dem Gefangenen abgenommenen und auf sein Verlangen in die Währung des Gewahrsamsstaates umgewechselten Beträge;
2. die dem Gefangenen in Bargeld oder ähnlicher Form ausbezahlten Beträge; die auf seine Rechnung und sein Verlangen hin geleisteten Zahlungen; die gemäß Absatz 3 des vorstehenden Artikels überwiesenen Beträge.
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Artikel 65 - [Buchungen; Einsicht; Auszüge]
Alle auf dem Konto eines Kriegsgefangenen getätigten Buchungen sind durch ihn oder durch den in seinem Namen handelnden Vertrauensmann gegenzuzeichnen oder zu paraphieren.
Den Kriegsgefangenen werden jederzeit angemessene Erleichterungen gewährt, um in ihr Konto Einsicht zu nehmen und eine Abschrift desselben zu erhalten; das Konto kann anläßlich von Lagerbesuchen auch durch die Vertreter der Schutzmacht geprüft werden.
Bei einer Verlegung der Kriegsgefangenen in ein anderes Lager wird ihr persönliches Konto mitverlegt. Im Falle der Übergabe an einen anderen Gewahrsamsstaat werden ihre nicht auf die Währung des Gewahrsamsstaates lautenden Beträge mitübergeben; für alle ihre übrigen Guthaben wird ihnen eine Bestätigung ausgestellt.
Die betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien können vereinbaren, sich gegenseitig durch Vermittlung der Schutzmacht in bestimmten Zeitabständen die Kontenauszüge der Kriegsgefangenen mitzuteilen.
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Artikel 66 - [Guthaben bei Beendigung der Gefangenschaft]
Wird die Gefangenschaft durch Freilassung oder Heimschaffung des Kriegsgefangenen beendigt, so händigt ihm der Gewahrsamsstaat eine durch einen zuständigen Offizier unterzeichnete Bescheinigung über das Guthaben aus, das ihm bei Beendigung der Gefangenschaft noch zusteht. Andererseits übermittelt der Gewahrsamsstaat der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, durch Vermittlung der Schutzmacht Verzeichnisse, die alle Angaben über die Gefangenen enthalten, deren Gefangenschaft durch Heimschaffung, Freilassung, Flucht, Tod oder aus irgendeinem anderen Grund ihr Ende gefunden hat, und auf denen insbesondere die Guthaben ihrer Konten bescheinigt sind. Jedes einzelne Blatt dieser Verzeichnisse wird durch einen bevollmächtigten Vertreter des Gewahrsamsstaates beglaubigt.
Den beteiligten Mächten ist es freigestellt, die oben angeführten Bestimmungen durch Sondervereinbarungen ganz oder teilweise abzuändern.
Für die Auszahlung des dem Kriegsgefangenen nach Beendigung der Gefangenschaft vom Gewahrsamsstaat geschuldeten Guthabens ist die Macht, von der er abhängt, verantwortlich.
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Artikel 67 - [Soldvorschüsse]
Die den Kriegsgefangenen gemäß Artikel 60 ausgezahlten Soldvorschüsse gelten als von der Macht, von der sie abhängen, getätigt; diese Soldvorschüsse sowie alle von dieser Macht auf Grund von Artikel 63 Absatz 3 und Artikel 68 ausgeführten Zahlungen sind bei Beendigung der Feindseligkeiten Gegenstand von Abmachungen zwischen den beteiligten Mächten.
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Artikel 68 - [Schadensersatzansprüche]
Jeder von einem Kriegsgefangenen wegen eines Arbeitsunfalles oder wegen einer durch Arbeit verursachten Invalidität erhobene Schadenersatzanspruch wird der Macht, von der er abhängt, durch Vermittlung der Schutzmacht bekanntgegeben. In allen diesen Fällen stellt der Gewahrsamsstaat dem Kriegsgefangenen gemäß den Bestimmungen von Artikel 54 eine Bescheinigung aus, in der die Art der Verletzung oder der Invalidität, die Umstände, unter denen sie zustande gekommen ist, und die erhaltene ärztliche oder Lazarettpflege vermerkt sind. Diese Bescheinigung wird von einem verantwortlichen Offizier des Gewahrsamsstaates unterzeichnet; die Angaben ärztlicher Natur werden von einem Arzte des Sanitätsdienstes beglaubigt.
Der Gewahrsamsstaat bringt der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, ebenfalls jeden Schadenersatzanspruch zur Kenntnis, der von einem Gefangenen hinsichtlich der ihm gemäß Artikel 18 abgenommenen und anläßlich der Heimschaffung nicht zurückerstatteten persönlichen Sachen, Geldbeträge oder Wertsachen geltend gemacht wird; das gleiche gilt hinsichtlich jedes Schadenersatzanspruches wegen eines Verlustes, für den der Gefangene den Gewahrsamsstaat oder einen von dessen Bediensteten verantwortlich macht. Dagegen ersetzt der Gewahrsamsstaat auf seine Kosten alle vom Gefangenen während der Gefangenschaft zum Gebrauch benötigten persönlichen Sachen. Auf jeden Fall händigt der Gewahrsamsstaat dem Gefangenen eine von einem verantwortlichen Offizier unterzeichnete Bescheinigung aus, die alle zweckdienlichen Angaben über die Gründe enthält, weshalb ihm diese Sachen, Beträge oder Wertsachen nicht zurückerstattet worden sind. Ein Doppel dieser Bescheinigung wird durch Vermittlung der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene der Macht zugestellt, von der der Gefangene abhängt.
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Abschnitt V
Beziehungen der Kriegsgefangenen zur Außenwelt-
Artikel 69 - [Bekanntgabe von Ausführungsmaßnahmen]
Sobald der Gewahrsamsstaat Kriegsgefangene in seiner Gewalt hat, bringt er ihnen sowie der Macht, von der sie abhängen, durch Vermittlung der Schutzmacht die zur Ausführung der Bestimmungen dieses Abschnittes getroffenen Maßnahmen zur Kenntnis. Überdies macht er den Erwähnten von jeder Änderung dieser Maßnahmen Mitteilung.
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Artikel 70 - [Gefangenschaftskarte]
Jedem Kriegsgefangenen wird unmittelbar nach seiner Gefangennahme, spätestens aber eine Woche nach seiner Ankunft in einem Lager, Gelegenheit gegeben, unmittelbar an seine Familie und an die in Artikel 123 vorgesehene Zentralstelle für Kriegsgefangene je eine Karte zu senden, die möglichst dem diesem Abkommen beigefügten Muster entspricht und die Empfänger von seiner Gefangenschaft, seiner Anschrift und seinem Gesundheitszustand in Kenntnis setzt; dies gilt auch, wenn es sich um ein Durchgangslager handelt, sowie in allen Fällen von Krankheit oder Verlegung in ein Lazarett oder ein anderes Lager. Die Beförderung dieser Karten erfolgt so schnell wie möglich und darf in keiner Weise verzögert werden.
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Artikel 71 - [Schriftwechsel]
Die Kriegsgefangenen sind ermächtigt, Briefe und Postkarten abzuschicken und zu empfangen. Erachtet es der Gewahrsamsstaat für notwendig, die Zahl der von jedem Kriegsgefangenen abgesandten Briefe und Postkarten zu beschränken, so darf die zugelassene monatliche Anzahl nicht geringer sein als zwei Briefe und vier Postkarten (ohne Anrechnung der in Artikel 70 vorgesehenen Karten), die soweit wie möglich den dem vorliegenden Abkommen beigefügten Mustern entsprechen. Sonstige Beschränkungen dürfen nur auferlegt werden, wenn die Schutzmacht überzeugt ist, daß angesichts der Schwierigkeiten, die dem Gewahrsamsstaat in der Beschaffung einer genügenden Anzahl qualifizierter Übersetzer zur Erledigung der Zensuraufgaben erwachsen, diese Beschränkungen im Interesse der Gefangenen selbst liegen. Müssen die an die Gefangenen gerichteten Briefschaften eingeschränkt werden, so darf dies nur durch Entscheid der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, gegebenenfalls auf Ersuchen des Gewahrsamsstaates, angeordnet werden. Diese Karten und Briefe sind mit den schnellsten Mitteln zu befördern, über die der Gewahrsamsstaat verfügt; sie dürfen aus disziplinarischen Gründen weder auf- noch zurückgehalten werden.
Denjenigen Kriegsgefangenen, die seit längerer Zeit ohne Nachrichten von ihrer Familie sind oder denen es nicht möglich ist, von ihr solche zu erhalten oder ihr auf normalem Wege zugehen zu lassen, sowie denjenigen, die durch beträchtliche Entfernungen von den Ihren getrennt sind, muß gestattet werden, Telegramme zu senden, deren Gebühren ihrem Konto beim Gewahrsamsstaat zur Last geschrieben oder mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld beglichen werden. Auch in Dringlichkeitsfällen gelangen sie in den Genuß einer solchen Maßnahme.
In der Regel ist der Schriftwechsel der Gefangenen in ihrer Muttersprache abzufassen. Die am Konflikt beteiligten Parteien können jedoch Schriftwechsel auch in anderen Sprachen zulassen.
Die Säcke mit der Post der Gefangenen werden sorgfältig versiegelt, mit einer ihren Inhalt klar ersichtlich machenden Aufschrift versehen und an die Bestimmungspoststellen adressiert.
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Artikel 72 - [Einzel- und Sammelsendungen]
Den Kriegsgefangenen wird gestattet, auf dem Postweg oder auf jede andere Weise Einzel- und Sammelsendungen zu empfangen, die namentlich Lebensmittel, Kleidung, Arzneimittel und Gegenstände enthalten, die für ihre religiösen Bedürfnisse, ihre Studien und ihre Zerstreuung bestimmt sind, einschließlich von Büchern, religiösen Gegenständen, wissenschaftlichem Material, Examensformularen, Musikinstrumenten, Sportgeräten und Sachen, die den Gefangenen die Fortsetzung ihrer Studien oder eine künstlerische Betätigung ermöglichen
Diese Sendungen befreien den Gewahrsamsstaat in keiner Weise von den Verpflichtungen, die ihm das vorliegende Abkommen auferlegt.
Diese Sendungen können nur denjenigen Einschränkungen unterliegen, die von der Schutzmacht im Interesse der Kriegsgefangenen selbst vorgeschlagen oder durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder andere Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene in bezug auf ihre eigenen Sendungen wegen außerordentlicher Beanspruchung der Beförderungs- und Verbindungsmittel beantragt werden.
Wenn nötig, sind die Bedingungen der Beförderung von Einzel- und Sammelsendungen Gegenstand von Sondervereinbarungen zwischen den betreffenden Mächten, die jedoch den Empfang solcher Hilfssendungen durch die Kriegsgefangenen auf keinen Fall verzögern dürfen. Lebensmittel- und Kleidersendungen dürfen keine Bücher enthalten; ärztliche Hilfslieferungen sind in der Regel in Sammelpaketen zu senden.
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Artikel 73 - [Sammel-Hilfssendungen]
In Ermangelung von Sondervereinbarungen zwischen den beteiligten Mächten über das beim Empfang und bei der Verteilung von Sammel-Hilfssendungen zu befolgende Verfahren findet die dem vorliegenden Abkommen beigefügte Regelung über Sammel-Hilfssendungen Anwendung.
Die oben erwähnten Sondervereinbarungen dürfen auf keinen Fall das Recht der Vertrauensleute beschränken, die für die Kriegsgefangenen bestimmten Sammel-Hilfssendungen in Empfang zu nehmen, zu verteilen und darüber im Interesse der Gefangenen zu verfügen.
Ebensowenig dürfen sie das Recht der Vertreter der Schutzmacht, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und jeder sonstigen mit der Weiterleitung dieser Sammelsendungen beauftragten Hilfsorganisation für Kriegsgefangene beschränken, ihre Verteilung unter die Empfänger zu überwachen.
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Artikel 74 - [Befreiung von Einfuhr-, Zoll- und anderern Gebühren]
Alle für die Kriegsgefangenen bestimmten Hilfssendungen werden von sämtlichen Einfuhr-, Zoll- und anderen Gebühren befreit.
Der Schriftwechsel, die Hilfssendungen und die genehmigten Geldsendungen, die an die Kriegsgefangenen gerichtet oder von ihnen auf dem Postweg entweder unmittelbar oder durch Vermittlung der in Artikel 122 vorgesehenen Auskunftsbüros und der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene abgeschickt werden, sind sowohl in den Ursprungs- und Bestimmungs- als auch in den Durchgangsländern von allen Postgebühren befreit.
Die Kosten für die Beförderung der für die Kriegsgefangenen bestimmten Hilfssendungen, die ihres Gewichtes oder irgendeines andern Grundes wegen nicht auf dem Postweg befördert werden können fallen in allen im Herrschaftsbereich des Gewahrsamsstaates liegenden Gebieten zu dessen Lasten. Die anderen Vertragsparteien des vorliegenden Abkommens tragen die Beförderungskosten auf ihren Gebieten.
In Ermangelung von Sondervereinbarungen zwischen den beteiligten Mächten gehen die aus der Beförderung dieser Sendungen erwachsenden Kosten, die durch die oben vorgesehenen Befreiungen nicht gedeckt sind, zu Lasten des Absenders.
Die Hohen Vertragsparteien werden sich bemühen, die Gebühren für von den Kriegsgefangenen aufgegebene oder an sie gerichtete Telegramme im Rahmen des Möglichen zu ermäßigen.
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Artikel 75 - [Gewährleistung der Beförderung]
Sollten Kampfhandlungen die in Frage kommenden Mächte daran hindern, ihre Verpflichtung zur Gewährleistung der Beförderung der in den Artikeln 70, 71, 72 und 77 vorgesehenen Sendungen zu erfüllen, so können die betreffenden Schutzmächte, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder jede sonstige von den am Konflikt beteiligten Parteien anerkannte Organisation es übernehmen, die Beförderung dieser Sendungen mit passenden Mitteln (Eisenbahnen, Lastwagen, Schiffen oder Flugzeugen usw.) zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke werden sich die Hohen Vertragsparteien bemühen, ihnen diese Beförderungsmittel zu verschaffen und sie zum Verkehr zuzulassen, insbesondere durch Ausstellung der notwendigen Geleitbriefe.
Diese Beförderungsmittel können ebenfalls verwendet werden zur Beförderung von
a) Briefschaften, Listen und Berichten, die zwischen der im Artikel 123 vorgesehenen zentralen Auskunftsstelle und den in Artikel 122 vorgesehenen nationalen Büros ausgetauscht werden;
b) Briefschaften und Berichten betreffend die Kriegsgefangenen, die von den Schutzmächten, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und jeder sonstiger Hilfsorganisation für Kriegsgefangene entweder mit ihren eigenen Delegierten oder mit den am Konflikt beteiligten Parteien ausgetauscht werden.
Diese Bestimmungen beschränken keinesfalls das Recht jeder am Konflikt beteiligten Partei, wenn sie es vorzieht, andere Transporte zu organisieren und Geleitbriefe zu gegenseitig vereinbarten Bedingungen auszustellen.
In Ermangelung von Sondervereinbarungen werden die aus der Verwendung dieser Beförderungsmittel erwachsenden Kosten proportional von den am Konflikt beteiligten Parteien, deren Staatsangehörigen diese Dienste zugute kommen, getragen.
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Artikel 76 - [Zensur]
Die Zensur des an die Kriegsgefangenen gerichteten und von ihnen abgeschickten Schriftwechsels wird so schnell wie möglich vorgenommen. Sie darf nur von den Absende- und den Empfangsstaaten durchgeführt werden, und zwar von jedem nur einmal.
Die Durchsicht der für die Kriegsgefangenen bestimmten Sendungen darf nicht unter Bedingungen erfolgen, welche die darin enthaltenen Lebensmittel dem Verderb aussetzen, und wird, außer wenn es sich um Schriftstücke oder Drucksachen handelt, in Gegenwart des Empfängers oder eines von ihm ordnungsgemäß beauftragten Kameraden vorgenommen. Die Aushändigung der Einzel- oder Sammelsendungen an die Kriegsgefangenen darf nicht unter dem Vorwand von Zensurschwierigkeiten verzögert werden.
Ein von einer am Konflikt beteiligten Partei aus militärischen oder politischen Gründen erlassenes Schriftwechselverbot darf nur vorübergehender Art sein und wird so kurz wie möglich befristet.
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Artikel 77 - [Erleicherung der Erstellung von Dokumenten]
Die Gewahrsamsstaaten gewähren jede Erleichterung zur Weiterleitung – sei es durch Vermittlung der Schutzmacht oder der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene – von Akten, Schriftstücken oder Urkunden, insbesondere von Vollmachten und Testamenten, die für die Kriegsgefangenen bestimmt sind oder von ihnen abgesandt werden.
In allen Fällen erleichtern die Gewahrsamsmächte den Kriegsgefangenen die Erstellung dieser Dokumente; sie gestatten ihnen insbesondere den Verkehr mit einem Rechtsanwalt und veranlassen das Nötige, um die Echtheit ihrer Unterschrift beglaubigen zu lassen.
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Abschnitt VI
Beziehungen der Kriegsgefangenen zu den Behörden-
Kapitel I
Beschwerden der Kriegsgefangenen über die Gefangenschaftsbedingungen-
Artikel 78 - [Beschwerden der Kriegsgefangenen über die Gefangenschaftsbedingungen]
Die Kriegsgefangenen haben das Recht, den militärischen Behörden, in deren Gewalt sie sich befinden, ihre Anliegen betreffend die Gefangenschaftsbedingungen, denen sie unterstellt sind, vorzubringen.
Sie haben ferner das unbeschränkte Recht, sich entweder durch Vermittlung des Vertrauensmannes oder, wenn sie es für notwendig erachten, unmittelbar an die Vertreter der Schutzmächte zu wenden, um ihnen die Punkte zur Kenntnis zu bringen, über welche sie Beschwerden hinsichtlich der Gefangenschaftsbedingungen vorzubringen haben.
Diese Anliegen und Beschwerden unterliegen keiner Beschränkung und werden nicht auf die in Artikel 71 genannte Anzahl von Postsendungen angerechnet. Sie werden beschleunigt weitergeleitet. Selbst wenn sie sich als unbegründet erweisen, dürfen sie nicht Anlaß zu irgendeiner Bestrafung geben.
Die Vertrauensleute können den Vertretern der Schutzmächte regelmäßig Berichte über die Lage in den Lagern und über die Bedürfnisse der Kriegsgefangenen zustellen.
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Kapitel II
Vertreter der Kriegsgefangenen-
Artikel 79 - [Vertrauensleute]
In allen Orten, in denen sich Kriegsgefangene befinden, mit Ausnahme derjenigen, wo Offiziere sind, wählen die Gefangenen alle sechs Monate und gleicherweise bei Vakanzen in freier und geheimer Wahl Vertrauensleute, die mit ihrer Vertretung bei den militärischen Behörden, den Schutzmächten, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und jeder sonstigen Hilfsorganisation für Kriegsgefangene beauftragt sind. Diese Vertrauensleute sind wiederwählbar.
In den Lagern der Offiziere und der ihnen Gleichgestellten oder in den gemischten Lagern wird der älteste kriegsgefangene Offizier des höchsten Dienstgrades als Vertrauensmann anerkannt. In den Offizierslagern wird er durch einen oder mehrere von den Offizieren gewählte Berater unterstützt; in den gemischten Lagern werden diese Gehilfen den Kriegsgefangenen, die nicht Offiziere sind, entnommen und von diesen gewählt.
Den Arbeitslagern für Kriegsgefangene werden kriegsgefangene Offiziere der gleichen Nationalität zugeteilt, um die den Kriegsgefangenen obliegenden Verwaltungsaufgaben der Lager zu übernehmen. Im übrigen können diese Offiziere gemäß den Bestimmungen des ersten Absatzes dieses Artikels zu Vertrauensleuten gewählt werden. In diesem Falle werden die Gehilfen des Vertrauensmannes den Kriegsgefangenen, die nicht Offiziere sind, entnommen.
Jeder Vertrauensmann muß, bevor er seine Funktionen ausüben kann, vom Gewahrsamsstaat genehmigt werden. Lehnt der Gewahrsamsstaat die Genehmigung eines durch seine Kameraden gewählten Kriegsgefangenen ab, so gibt er der Schutzmacht die Gründe seiner Ablehnung bekannt.
Auf jeden Fall muß der Vertrauensmann die gleiche Nationalität besitzen, die gleiche Sprache sprechen und dieselben Gebräuche pflegen wie die Kriegsgefangenen, die er vertritt. So erhalten die nach Nationalität, Sprache und Gebräuchen auf die verschiedenen Abteilungen eines Lagers verteilten Kriegsgefangenen für jede Abteilung einen eigenen Vertrauensmann gemäß den Bestimmungen der vorstehenden Absätze.
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Artikel 80 - [Aufgaben]
Die Vertrauensleute haben das körperliche, sittliche und geistige Wohl der Kriegsgefangenen zu fördern.
Sollten insbesondere die Kriegsgefangenen beschließen, untereinander ein Unterstützungssystem auf Gegenseitigkeit zu organisieren, so sind die Vertrauensleute für diese Organisation zuständig, unbeschadet der besonderen Aufgaben, die ihnen durch andere Bestimmungen des vorliegenden Abkommens übertragen sind.
Die Vertrauensleute können nicht lediglich auf Grund ihres Amtes für die von den Kriegsgefangenen begangenen strafbaren Handlungen verantwortlich gemacht werden.
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Artikel 81 - [Rechte]
Die Vertrauensleute werden zu keiner anderen Arbeit gezwungen, wenn dies die Erfüllung ihrer Aufgaben erschweren könnte.
Die Vertrauensleute können unter den Gefangenen die von ihnen benötigten Hilfskräfte bezeichnen. Alle materiellen Erleichterungen, vor allem eine gewisse für die Erfüllung ihrer Aufgaben (Besuche der Arbeitsgruppen, Inempfangnahme von Versorgungsgütern usw.) notwendige Freizügigkeit, werden ihnen gewährt.
Die Vertrauensleute sind ermächtigt, die Räume zu besichtigen, in denen die Kriegsgefangenen untergebracht sind; die Kriegsgefangenen haben das Recht, ihren Vertrauensmann frei zu Rate zu ziehen.
Für ihren postalischen und telegraphischen Verkehr mit den Gewahrsamsbehörden, den Schutzmächten, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und deren Delegierten, den gemischten ärztlichen Ausschüssen sowie mit den Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene wird den Vertrauensleuten gleicherweise jegliche Erleichterung gewährt. Die Vertrauensleute der Arbeitsgruppen genießen die gleichen Erleichterungen für den schriftlichen Verkehr mit dem Vertrauensmann des Hauptlagers. Dieser Verkehr darf weder beschrankt noch auf die in Artikel 71 erwähnte Anzahl von Postsachen angerechnet werden.
Ein Vertrauensmann darf nicht versetzt werden, ohne daß ihm die billigerweise notwendige Zeit eingeräumt wird, um seinen Nachfolger mit den laufenden Geschäften vertraut zu machen.
Im Falle einer Absetzung werden die Gründe, die zu diesem Entscheid geführt haben, der Schutzmacht bekanntgegeben.
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Kapitel III
Straf- und Disziplinarmaßnahmen-
I. Allgemeine Bestimmungen
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Artikel 82 - [Geltung des Rechtes des Gewahrsamsstaates]
Die Kriegsgefangenen unterstehen den für die Streitkräfte des Gewahrsamsstaates geltenden allgemeinen Gesetzen, Verordnungen und Anordnungen. Der Gewahrsamsstaat ist ermächtigt, gegen jeden Kriegsgefangenen, der sich eine Übertretung dieser allgemeinen Gesetze, Verordnungen und Anordnungen zuschulden kommen läßt, gerichtliche oder disziplinarische Maßnahmen zu treffen. Jedoch ist keine Strafverfolgung oder Bestrafung gestattet, die den Bestimmungen dieses Kapitels zuwiderläuft.
Erklären allgemeine Gesetze, Verordnungen oder Anordnungen des Gewahrsamsstaates die von einem Kriegsgefangenen begangenen Handlungen als strafbar, während die gleichen Handlungen nicht strafbar sind, sofern sie durch Mitglieder der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates begangen werden, so dürfen diese Handlungen lediglich eine disziplinarische Bestrafung nach sich ziehen.
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Artikel 83 - [Größte Nachsicht]
Handelt es sich darum, festzustellen, ob eine durch einen Kriegsgefangenen begangene strafbare Handlung disziplinarisch oder gerichtlich zu bestrafen ist, so wacht der Gewahrsamsstaat darüber, daß die zuständigen Behörden bei der Prüfung dieser Frage größte Nachsicht walten lassen und, wenn immer möglich, eher zu disziplinarischen Maßnahmen als zu gerichtlicher Verfolgung greifen.
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Artikel 84 - [Zuständigkeit der Militärgerichte]
Ein Kriegsgefangener darf nur vor ein Militärgericht gestellt werden, außer wenn die Rechtsvorschriften des Gewahrsamsstaates ausdrücklich die Zivilgerichte zur Aburteilung eines Mitglieds der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates für die gleiche strafbare Handlung wie die von dem Kriegsgefangenen begangene als zuständig erklären.
Auf keinen Fall darf ein Kriegsgefangener vor ein Gericht gestellt werden, das nicht die allgemein anerkannten wesentlichen Garantien der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit bietet und dessen Verfahren ihm insbesondere nicht die in Artikel 105 vorgesehenen Rechte und Mittel der Verteidigung gewährleistet.
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Artikel 85 - [Vergünstigungen des Abkommens nach Verurteilung]
Die Kriegsgefangenen, die auf Grund der Rechtsvorschriften des Gewahrsamsstaates für Handlungen, die sie vor ihrer Gefangennahme begangen haben, verfolgt werden, bleiben, auch wenn sie verurteilt werden, im Genuß der im vorliegenden Abkommen vorgesehenen Vergünstigungen.
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Artikel 86 - [Ne bis in idem]
Ein Kriegsgefangener darf nicht mehr als einmal für dieselbe Handlung oder auf Grund derselben Anklage bestraft werden.
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Artikel 87 - [Strafzumessung]
Über die Kriegsgefangenen können von den Militärbehörden und den Gerichten des Gewahrsamsstaates nur solche Strafen verhängt werden, die bei den gleichen Tatbeständen für die Mitglieder der Streitkräfte dieses Staates vorgesehen sind.
Bei der Strafzumessung haben die Gerichte oder Behörden des Gewahrsamsstaates soweit wie möglich die Tatsache zu berücksichtigen, daß der Angeklagte, da er nicht Angehöriger des Gewahrsamsstaates ist, durch keinerlei Treuepflicht ihm gegenüber gebunden ist und sich infolge von Umständen, die nicht von seinem eigenen Willen abhängen, in seiner Gewalt befindet. Es bleibt ihnen anheimgestellt, das Strafmaß nach freiem Ermessen zu verringern, das für die dem Gefangenen zur Last gelegte strafbare Handlung vorgesehen ist; sie sind zu diesem Zwecke nicht an die vorgeschriebene Mindeststrafe gebunden.
Sämtliche Kollektivstrafen für Handlungen Einzelner, sämtliche Körperstrafen, jede Einkerkerung in Räumen ohne Tageslicht und ganz allgemein jede Art von Folter und Grausamkeit sind untersagt.
Im übrigen darf der Gewahrsamsstaat keinen Kriegsgefangenen seines Dienstgrades entheben oder am Tragen seiner Dienstgradabzeichen hindern.
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Artikel 88 - [Behandlung bei Strafverbüßung]
Kriegsgefangene Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, die eine disziplinarische oder gerichtliche Strafe verbüßen, werden keiner strengeren Behandlung unterworfen, als bei gleichem Dienstgrad und gleicher Strafe für die Mitglieder der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen ist.
Weibliche Kriegsgefangene werden nicht strenger bestraft und während ihrer Strafverbüßung nicht strenger behandelt als die wegen der gleichen strafbaren Handlung bestraften, den Streitkräften des Gewahrsamsstaates angehörenden Frauen.
Auf keinen Fall dürfen weibliche Kriegsgefangene strenger bestraft und während der Strafverbüßung strenger behandelt werden als ein wegen der gleichen strafbaren Handlung bestrafter, den Streitkräften des Gewahrsamsstaates angehörender Mann.
Kriegsgefangene, die eine Disziplinar- oder Gerichtsstrafe verbüßt haben, werden nicht anders behandelt als die übrigen Kriegsgefangenen.
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II. Disziplinarstrafen
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Artikel 89 - [Anwendbare Disziplinarstrafen]
Die auf Kriegsgefangene anwendbaren Disziplinarstrafen sind die folgenden:
1. Buße bis zu 50 v.H. des Soldvorschusses und des Arbeitsentgelts, wie sie in Artikel 60 und 62 vorgesehen sind, und zwar nur während einer Zeitspanne von höchstens dreißig Tagen;
2. Entzug von Vorteilen, welche über die im vorliegenden Abkommen vorgesehene Behandlung hinausgehend gewährt wurden;
3. Arbeitsdienst von höchstens zwei Stunden täglich;
4. Arrest.
Die unter Ziffer 3 vorgesehene Strafe darf jedoch nicht auf Offiziere angewendet werden.
Keinesfalls dürfen Disziplinarstrafen unmenschlich, grausam oder für die Gesundheit der Kriegsgefangenen gefährlich sein.
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Artikel 90 - [Höchstdauer der Strafe; Vollzug]
Die Dauer einer einzigen Strafe darf dreißig Tage nicht überschreiten. In Disziplinarfällen wird die vor der Verhandlung oder der Verhängung der Strafe in Untersuchungshaft verbrachte Zeit von der verhängten Strafe abgezogen.
Die oben erwähnte Höchstdauer der Strafe von dreißig Tagen darf auch dann nicht überschritten werden, wenn ein Kriegsgefangener im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Fall sich wegen verschiedener Disziplinarvergehen zu verantworten hat, gleichgültig, ob diese Handlungen miteinander in Zusammenhang stehen oder nicht.
Zwischen dem Disziplinarentscheid und seinem Vollzug darf nicht mehr als ein Monat verstreichen.
Wird über einen Kriegsgefangenen eine weitere Disziplinarstrafe verhängt, so muß zwischen dem Vollzug jeder der Strafen ein Zeitraum von mindestens drei Tagen liegen, sobald eine von ihnen neun Tage überschreitet.
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Artikel 91 - [Gelungene Flucht]
Die Flucht eines Kriegsgefangenen gilt als gelungen,
1. wenn er die Streitkräfte der Macht, von der er abhängt, oder einer verbündeten Macht erreicht hat;
2. wenn er das in der Gewalt des Gewahrsamsstaates oder einer mit diesem verbündeten Macht befindliche Gebiet verlassen hat;
3. wenn er ein die Flagge der Macht, von der er abhängt, oder einer verbündeten Macht führendes, in den Territorialgewässern des Gewahrsamsstaates befindliches Schiff erreicht hat, vorausgesetzt, daß dieses Schiff nicht unter der Befehlsgewalt des Gewahrsamsstaates steht.
Kriegsgefangene, denen im Sinne dieses Artikels die Flucht gelungen ist, die aber neuerdings in Gefangenschaft geraten, dürfen wegen ihrer früheren Flucht nicht bestraft werden.
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Artikel 92 - [Mißlungene Flucht und Fluchtversuch]
Ein Kriegsgefangener, der einen Fluchtversuch unternimmt und wieder ergriffen wird, bevor seine Flucht im Sinne von Artikel 91 gelungen ist, darf für diese Handlung, selbst im Wiederholungsfalle, lediglich disziplinarisch bestraft werden.
Der wieder ergriffene Gefangene wird den zuständigen militärischen Behörden so schnell wie möglich übergeben.
Ungeachtet von Artikel 88 Absatz 4 können wegen eines mißlungenen Fluchtversuches bestrafte Kriegsgefangene einer besonderen Aufsicht unterstellt werden, jedoch nur unter der Bedingung, daß diese Überwachung ihren Gesundheitszustand nicht beeinträchtigt, in einem Kriegsgefangenenlager durchgeführt wird und keinen Entzug irgendwelcher ihnen durch das vorliegende Abkommen verbürgter Rechte umfaßt.
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Artikel 93 - [Strafbare Handlungen bei Flucht]
Flucht oder Fluchtversuch, auch im Wiederholungsfall, dürfen nicht als erschwerende Umstände in Fällen betrachtet werden, in denen ein Kriegsgefangener wegen einer während seiner Flucht oder seines Fluchtversuches begangenen strafbaren Handlung gerichtlich verfolgt wird.
Kriegsgefangene, die sich einzig und allein in der Absicht, ihre Flucht zu erleichtern, einer strafbaren Handlung schuldig machen, ohne dabei gegen Personen Gewalt anzuwenden, wie etwa einer strafbaren Handlung gegen das öffentliche Eigentum, des Diebstahls ohne Bereicherungsabsicht, der Herstellung und Verwendung falscher Papiere, des Tragens von Zivilkleidern, dürfen, entsprechend dem in Artikel 83 aufgestellten Grundsatz, nur disziplinarisch bestraft werden.
Kriegsgefangene, die an einer Flucht oder an einem Fluchtversuch mitgewirkt haben, dürfen deswegen nur disziplinarisch bestraft werden.
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Artikel 94 - [Notifizierung der Wiederergreifung]
Wird ein geflüchteter Kriegsgefangener wieder ergriffen, so ist dies, vorausgesetzt, daß auch die Flucht notifiziert worden ist, in der in Artikel 122 vorgesehenen Weise der Macht, von der er abhängt, zu notifizieren.
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Artikel 95 - [Untersuchungshaft]
Kriegsgefangene, die eines Verstoßes gegen die Disziplin angeschuldigt sind, werden bis zur Fällung des Entscheides nicht in Untersuchungshaft behalten, es sei denn, daß diese Maßnahme auch auf Mitglieder der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates, die sich der gleichen strafbaren Handlung schuldig gemacht haben, Anwendung findet, oder daß das höhere Interesse der Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin im Lager dies verlange.
Für alle Kriegsgefangenen wird die Untersuchungshaft in Disziplinarfällen auf das unbedingt notwendige Mindestmaß beschränkt; sie darf vierzehn Tage nicht überschreiten.
Die Bestimmungen der Artikel 97 und 98 dieses Kapitels finden auf Kriegsgefangene Anwendung, die sich wegen eines Disziplinarvergehens in Untersuchungshaft befinden.
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Artikel 96 - [Disziplinarstrafgewalt; Anklage; Verteidigung]
Handlungen, die einen Verstoß gegen die Disziplin darstellen, werden unverzüglich untersucht.
Unbeschadet der Zuständigkeit der Gerichte und höheren militärischen Behörden können Disziplinarstrafen nur von einem Offizier, der in seiner Eigenschaft als Lagerkommandant mit der Disziplinarstrafgewalt ausgestattet ist, oder von einem verantworlichen Offizier, der ihn vertritt oder dem er seine Disziplinarstrafgewalt übertragen hat, verhängt werden.
Auf keinen Fall darf diese Disziplinarstrafgewalt einem Kriegsgefangenen übertragen oder durch einen Kriegsgefangenen ausgeübt werden.
Bevor eine Disziplinarstrafe verhängt wird, wird der angeklagte Kriegsgefangene genau über die Tatsachen ins Bild gesetzt, die ihm vorgeworfen werden. Es wird ihm gestattet, sein Verhalten zu rechtfertigen und sich zu verteidigen. Er ist berechtigt, Zeugen vernehmen zu lassen und, falls notwendig, die Hilfe eines befähigten Dolmetschers in Anspruch zu nehmen. Der Entscheid wird dem Kriegsgefangenen und dem Vertrauensmann bekanntgegeben.
Der Lagerkommandant hat ein Disziplinarstrafregister zu führen, das von Vertretern der Schutzmacht eingesehen werden kann.
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Artikel 97 - [Vollzug]
Auf keinen Fall dürfen Kriegsgefangene in Strafanstalten (Kerker, Zuchthäuser, Gefängnisse usw.) überführt werden, um dort Disziplinarstrafen zu verbüßen.
Die Örtlichkeiten, in denen Disziplinarstrafen zu verbüßen sind, müssen den in Artikel 25 vorgesehenen hygienischen Anforderungen entsprechen. Den die Strafe verbüßenden Kriegsgefangenen muß gemäß den Bestimmungen von Artikel 29 ermöglicht werden, sich sauber zu halten.
Offiziere und ihnen Gleichgestellte verbüßen ihre Strafen nicht in den gleichen Räumlichkeiten wie Unteroffiziere und Mannschaften.
Weibliche Kriegsgefangene, die eine Disziplinarstrafe verbüßen, werden in von den Männerabteilungen getrennten Räumen in Haft gehalten und unter die unmittelbare Überwachung von Frauen gestellt.
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Artikel 98 - [Vollzug]
Die ihre Disziplinarstrafe verbüßenden Kriegsgefangenen bleiben weiterhin im Genuß der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens, soweit dessen Anwendung nicht durch die Tatsache ihrer Haft selbst unmöglich gemacht wird. In keinem Fall dürfen ihnen jedoch die Vergünstigungen der Artikel 78 und 126 entzogen werden.
Den disziplinarisch bestraften Kriegsgefangenen dürfen die ihnen auf Grund ihres Dienstgrades zustehenden Vorrechte nicht entzogen werden.
Disziplinarisch bestrafte Kriegsgefangene können sich täglich mindestens zwei Stunden im Freien bewegen und aufhalten.
Es wird ihnen gestattet, sich auf Verlangen bei der täglichen Arztvisite zu melden; sie erhalten die Pflege, die ihr Gesundheitszustand erfordert, und werden gegebenenfalls in die Krankenabteilung des Lagers oder ein Lazarett überführt.
Sie erhalten die Erlaubnis, zu lesen und zu schreiben, Briefe abzusenden und zu empfangen. Pakete und Geldsendungen dagegen können ihnen bis nach Verbüßung der Strafe vorenthalten werden; in der Zwischenzeit werden diese dem Vertrauensmann anvertraut, der die in den Paketen befindlichen verderblichen Lebensmittel der Krankenabteilung übergibt.
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III. Gerichtliche Verfolgung
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Artikel 99 - [Strafbarkeit bei Begehung der Tat]
Kein Kriegsgefangener darf wegen einer Handlung gerichtlich verfolgt oder verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nicht ausdrücklich durch in Kraft befindliche Gesetze des Gewahrsamsstaates oder geltendes Völkerrecht verboten war.
Auf einen Kriegsgefangenen darf keinerlei körperlicher oder seelischer Zwang ausgeübt werden, um ihn dazu zu bringen, sich der Handlung, deren er angeklagt ist, schuldig zu bekennen.
Kein Kriegsgefangener darf verurteilt werden, ohne die Möglichkeit zu seiner Verteidigung und den Beistand eines geeigneten Verteidigers gehabt zu haben.
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Artikel 100 - [Todesstrafe]
Den Kriegsgefangenen und den Schutzmächten ist so früh wie möglich mitzuteilen, für welche strafbaren Handlungen die Rechtsvorschriften des Gewahrsamsstaates die Todesstrafe vorsehen.
Nachträglich kann ohne Einwilligung der Macht, von der die Gefangenen abhängen, die Todesstrafe auf keine weitere strafbare Handlung mehr erstreckt werden.
Die Todesstrafe kann gegen einen Kriegsgefangenen nur ausgesprochen werden, wenn gemäß Artikel 87 Absatz 2 das Gericht besonders auf die Tatsache aufmerksam gemacht wurde, daß der Angeklagte, da er nicht Angehöriger des Gewahrsamsstaates ist, durch keinerlei Treuepflicht ihm gegenüber gebunden ist und sich auf Grund von Umständen in seiner Gewalt befindet, die nicht von seinem eigenen Willen abhängen.
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Artikel 101 - [Frist vor Vollstreckung der Todesstrafe]
Wird gegen einen Kriegsgefangenen die Todesstrafe ausgesprochen, so wird das Urteil nicht vollstreckt vor Ablauf einer Frist von mindestens sechs Monaten, von dem Zeitpunkt an gerechnet, in dem die Schutzmacht unter der angegebenen Anschrift die in Artikel 107 vorgesehene ausführliche Mitteilung erhalten hat.
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Artikel 102 - [Voraussetzungen für Urteilsfällung]
Ein Urteil gegen einen Kriegsgefangenen kann nur dann rechtsgültig gefällt werden, wenn es durch die gleichen Gerichte und nach dem gleichen Verfahren, wie sie für die Angehörigen der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen sind, ausgesprochen wird und im übrigen die Bestimmungen dieses Kapitels eingehalten werden.
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Artikel 103 - [Gerichtliche Untersuchungen; Untersuchungshaft]
Gerichtliche Untersuchungen gegen Kriegsgefangene werden so schnell durchgeführt, wie die Umstände es gestatten, und zwar so, daß die Gerichtsverhandlung möglichst frühzeitig stattfinden kann. Ein Kriegsgefangener darf nur dann in Untersuchungshaft gehalten werden, wenn diese Maßnahme bei gleichen strafbaren Handlungen auch für die Mitglieder der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen ist, oder wenn es die nationale Sicherheit erfordert. Die Untersuchungshaft darf auf keinen Fall länger als drei Monate dauern.
Die Dauer der Untersuchungshaft ist auf die über den Kriegsgefangenen verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen; dies ist bereits bei der Festsetzung der Strafe zu berücksichtigen.
Die Bestimmungen der Artikel 97 und 98 dieses Kapitels bleiben für die Kriegsgefangenen auch während der Untersuchungshaft in Geltung.
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Artikel 104 - [Mitteilung an die Schutzmacht]
In allen Fällen, in denen sich der Gewahrsamsstaat für die Einleitung der gerichtlichen Verfolgung eines Kriegsgefangenen entschieden hat, hat er dies der Schutzmacht so schnell wie möglich, mindestens jedoch drei Wochen vor Verhandlungsbeginn, bekanntzugeben. Diese Frist von drei Wochen läuft erst von dem Augenblick an, in dem die Schutzmacht unter der von ihr dem Gewahrsamsstaat vorher bekanntgegebenen Anschrift die Mitteilung erhalten hat.
Diese Mitteilung hat folgende Angaben zu enthalten:
1. Name, Vornamen, Dienstgrad, Matrikelnummer, Geburtsdatum und etwaigen Beruf des Kriegsgefangenen;
2. Ort der Internierung oder der Haft;
3. genaue Bezeichnung des oder der Anklagepunkte unter Erwähnung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen;
4. das den Fall behandelnde Gericht sowie Zeitpunkt und Ort der Eröffnung der Verhandlung.
Die gleiche Mitteilung läßt der Gewahrsamsstaat dem Vertrauensmann des Kriegsgefangenen zugehen.
Kann bei der Eröffnung der Verhandlung der Beweis nicht erbracht werden, daß die Schutzmacht, der Kriegsgefangene selbst und sein Vertrauensmann die genannte Mitteilung mindesens drei Wochen vor Verhandlungsbeginn erhalten haben, so findet die Verhandlung nicht statt und wird vertagt.
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Artikel 105 - [Verteidigung]
Dem Kriegsgefangenen steht das Recht zu, einen seiner kriegsgefangenen Kameraden zur Unterstützung beizuziehen, sich durch einen geeigneten Anwalt seiner Wahl verteidigen zu lassen, Zeugen vorladen zu lassen und, wenn er es für nötig erachtet, die Dienste eines befähigten Dolmetschers in Anspruch zu nehmen. Der Gewahrsamsstaat setzt ihn rechtzeitig vor Verhandlungsbeginn von diesen Rechten in Kenntnis.
Hat der Kriegsgefangene keinen Verteidiger gewählt, so stellt ihm die Schutzmacht einen solchen zur Verfügung; dafür steht ihr eine Frist von mindestens einer Woche zu. Auf Verlangen der Schutzmacht läßt ihr der Gewahrsamsstaat ein Verzeichnis von für die Übernahme der Verteidigung geeigneten Personen zukommen. Für den Fall, daß weder der Kriegsgefangene noch die Schutzmacht einen Verteidiger bestellen, bezeichnet der Gewahrsamsstaat einen für die Verteidigung des Angeklagten geeigneten Anwalt.
Dem Verteidiger stehen zur Vorbereitung der Verteidigung des Angeklagten mindestens zwei Wochen bis zur Eröffnung der Verhandlung zur Verfügung; ihm werden die dafür erforderlichen Erleichterungen gewährt, insbesondere kann er den Angeklagten ungehindert besuchen und ohne Zeugen mit ihm sprechen. Er kann mit allen Entlastungszeugen einschließlich der Kriegsgefangenen sprechen. Diese Erleichterungen werden ihm bis zum Ablauf der Rechtsmittelfristen gewährt.
Dem angeklagten Kriegsgefangenen werden die Anklageschrift sowie diejenigen Dokumente, die im allgemeinen den Angeklagten gemäß den bei den Streitkräften des Gewahrsamsstaates geltenden Gesetzen bekanntgegeben werden, in einer ihm verständlichen Sprache und rechtzeitig vor Verhandlungseröffnung zugestellt. Seinem Verteidiger werden dieselben Schriftstücke unter den gleichen Bedingungen zugestellt.
Die Vertreter der Schutzmacht haben das Recht, den Verhandlungen beizuwohnen, sofern diese nicht ausnahmsweise im Interesse der Staatssicherheit unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden müssen; in diesem Falle teilt der Gewahrsamsstaat dies der Schutzmacht mit.
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Artikel 106 - [Rechtsmittel]
Jeder Kriegsgefangene hat das Recht, unter den gleichen Bedingungen, die auch für die Mitglieder der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates gelten, gegen das gegen ihn ergangene Urteil Berufung oder Revision einzulegen. Über die ihm diesbezüglich zustehenden Rechte sowie über die zu deren Ausübung festgesetzten Fristen ist er voll und ganz aufzuklären.
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Artikel 107 - [Bekanntgabe des Urteils an die Schutzmacht]
Jedes gegen einen Kriegsgefangenen ergangene Urteil wird der Schutzmacht unverzüglich in Form einer Zusammenfassung bekanntgegeben, die auch angibt, ob dem Gefangenen das Recht zur Berufung oder zur Revision zusteht. Diese Mitteilung wird auch dem betreffenden Vertrauensmann zugestellt. Ist das Urteil in Abwesenheit des Angeklagten gefällt worden, so ergeht diese Mitteilung auch an den Kriegsgefangenen selbst, und zwar in einer ihm verständlichen Sprache. Außerdem teilt der Gewahrsamsstaat der Schutzmacht unverzüglich mit, ob der Kriegsgefangene von Rechtsmitteln Gebrauch machen will oder nicht.
Handelt es sich um ein rechtskräftiges Urteil oder um ein in erster Instanz gefälltes Todesurteil, so richtet der Gewahrsamsstaat ferner an die Schutzmacht sobald wie möglich eine ausführliche Mitteilung, die folgende Angaben enthält:
1. Den genauen Wortlaut des Urteils;
2. einen zusammenfassenden Bericht über die Untersuchung und die Verhandlung, der besonders die Grundzüge der Anklage und der Verteidigung hervorhebt;
3. gegebenenfalls die Angabe der Anstalt, wo die Strafe zu verbüßen ist.
Die in den vorstehenden Absätzen genannten Mitteilungen werden der Schutzmacht vom Gewahrsamsstaat unter der ihm vorher bekanntgegebenen Anschrift zugestellt.
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Artikel 108 - [Vollzug]
Die auf Grund eines ordnungsgemäß vollstreckbar gewordenen Urteils über einen Kriegsgefangenen verhängten Strafen werden in den gleichen Anstalten und unter den gleichen Bedingungen verbüßt, wie dies bei Mitgliedern der Streitkräfte des Gewahrsamsstaates der Fall ist. Diese Bedingungen entsprechen auf alle Fälle den Erfordernissen der Hygiene und der Menschlichkeit.
Weibliche Kriegsgefangene, über die eine derartige Strafe verhängt wird, werden in gesonderten Räumen untergebracht und unter die Überwachung von Frauen gestellt.
Auf jeden Fall gelten die Bestimmungen der Artikel 78 und 126 des vorliegenden Abkommens weiterhin für die zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Kriegsgefangenen. Es wird ihnen außerdem gestattet, Briefschaften zu empfangen und zu versenden, monatlich mindestens ein Hilfspaket zu empfangen und sich regelmäßig im Freien zu bewegen; entsprechend ihrem Gesundheitszustand haben sie Anrecht auf die notwendige ärztliche Pflege und auf Wunsch auch auf geistlichen Beistand. Ihnen auferlegte Strafen haben den Bestimmungen von Artikel 87 Absatz 3 zu entsprechen.
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Teil IV
Beendigung der Gefangenschaft-
Abschnitt I
Direkte Heimschaffung und Hospitalisierung in neutralen Ländern-
Artikel 109 - [Heimschaffung und Hospitalisierung]
Die am Konflikt beteiligten Parteien sind unter Vorbehalt der Bestimmungen von Absatz 3 dieses Artikels gehalten, die schwerkranken und schwerverwundeten Kriegsgefangenen, ohne Rücksicht auf Anzahl und Dienstgrad und nach Herbeiführung ihrer Transportfähigkeit gemäß den Bestimmungen von Absatz 1 des nachstehenden Artikels in ihre Heimat zurückzusenden.
Die am Konflikt beteiligten Parteien werden sich während der Dauer der Feindseligkeiten in Zusammenarbeit mit den in Betracht kommenden neutralen Mächten bemühen, die Hospitalisierung der in Absatz 2 des nachstehenden Artikels erwähnten verwundeten oder kranken Kriegsgefangenen in neutralen Ländern in die Wege zu leiten; im übrigen können sie auch Vereinbarungen zur direkten Heimschaffung von gesunden, schon seit langer Zeit in Gefangenschaft befindlichen Kriegsgefangenen oder zu deren Internierung in einem neutralen Lande treffen.
Während der Feindseligkeiten kann kein gemäß Absatz 1 dieses Artikels für die Heimschaffung vorgesehener kranker oder verwundeter Kriegsgefangener gegen seinen Willen heimgeschafft werden.
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Artikel 110 - [Direkt heimschaffende und in neutralen Ländern zu hospitalisierende Gefangene]
Es sind direkt heimzuschaffen
1. die unheilbar Verwundeten und Kranken, deren geistige oder körperliche Fähigkeiten beträchtlich herabgemindert zu sein scheinen;
2. die Verwundeten und Kranken, die nach ärztlicher Voraussicht im Verlaufe eines Jahres nicht geheilt werden können, wenn ihr Zustand eine Behandlung erfordert und ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten beträchtlich herabgemindert zu sein scheinen;
3. die geheilten Verwundeten und Kranken, deren geistige oder körperliche Fähigkeiten dauernd und beträchtlich herabgemindert zu sein scheinen.
Es können in neutralen Ländern hospitalisiert werden
1. die Verwundeten und Kranken, deren Heilung innerhalb eines Jahres nach der Verletzung oder Erkrankung zu erwarten ist, wenn die Behandlung in einem neutralen Lande eine sicherere und schnellere Heilung voraussehen läßt;
2. die Kriegsgefangenen, deren geistige und körperliche Gesundheit nach ärzlicher Voraussicht durch die Fortsetzung der Gefangenschaft ernstlich bedroht ist, bei denen jedoch durch die Hospitalisierung in einem neutralen Lande diese Bedrohung vermieden werden könnte.
Die Bedingungen, welche die in einem neutralen Lande hospitalisierten Kriegsgefangenen erfüllen müssen, um heimgeschafft zu werden, wie auch ihre Rechtsstellung werden durch Vereinbarung unter den beteiligten Mächten geregelt. Im allgemeinen werden diejenigen in einem neutralen Lande hospitalisierten Kriegsgefangenen heimgeschafft, die folgenden Kategorien angehören:
1. Diejenigen, deren Gesundheitszustand sich derart verschlimmert hat, daß die für die direkte Heimschaffung vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;
2. diejenigen, deren geistige oder körperliche Fähigkeiten auch nach erfolgter Behandlung beträchtlich herabgemindert bleiben.
In Ermangelung von Sondervereinbarungen zwischen den betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien über die Bestimmung der Invaliditäts- oder Krankheitsfälle, die die direkte Heimschaffung oder die Hospitalisierung in einem neutralen Lande zur Folge haben, werden diese Fälle gemäß der Muster-Vereinbarung über die direkte Heimschaffung und die Hospitalisierung in einem neutralen Lande und der Regelung über die gemischten ärztlichen Ausschüsse bestimmt, die dem vorliegenden Abkommen beiliegen.
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Artikel 111 - [Vereinbarungen über Internierung]
Der Gewahrsamsstaat, die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, und eine von diesen beiden Mächten genehmigte neutrale Macht werden sich um den Abschluß von Vereinbarungen bemühen, die die Internierung von Kriegsgefangenen auf dem Gebiete der genannten neutralen Macht bis zur Einstellung der Feindseligkeiten gestatten.
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Artikel 112 - [Gemischte ärztliche Ausschüsse]
Bei Beginn der Feindseligkeiten sind gemischte ärztliche Ausschüsse zu bestellen, die die kranken und verletzten Gefangenen untersuchen und alle zweckdienlichen Entscheidungen über sie treffen. Für die Bestellung, die Pflichten und die Tätigkeit dieser Ausschüsse sind die Bestimmungen der dem vorliegenden Abkommen beiliegenden Regelung maßgebend.
Jedoch können Gefangene, die nach Ansicht der ärztlichen Behörden des Gewahrsamsstaates offenkundig Schwerverletzte oder Schwerkranke sind, ohne Untersuchung durch einen gemischten ärztlichen Ausschuß heimgeschafft werden.
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Artikel 113 - [Verlangen der Untersuchung]
Außer den durch die ärztlichen Behörden der Gewahrsamsmacht bezeichneten verwundeten oder kranken Kriegsgefangenen haben diejenigen, die einer der nachstehend aufgeführten Kategorien angehören, das Recht, sich von den im vorstehenden Artikel genannten gemischten ärztlichen Ausschüssen untersuchen zu lassen:
1. Die Verwundeten und Kranken, die von einem im Lager tätigen Arzt vorgeschlagen werden, der ihr Landsmann ist oder einer am Konflikt beteiligten Partei angehört, die mit der Macht, von der sie abhängen, verbündet ist;
2. die von ihrem Vertrauensmann vorgeschlagenen Verwundeten und Kranken;
3. die von der Macht, von der sie abhängen, oder von einer von dieser Macht anerkannten Hilfsorganisation für Kriegsgefangene vorgeschlagenen Verwundeten und Kranken.
Die Kriegsgefangenen, die keiner dieser drei Kategorien angehören, können sich diesen gemischten ärztlichen Ausschüssen gleichwohl zur Untersuchung stellen, werden jedoch erst nach den Gefangenen der erwähnten Kategorien untersucht
Dem Arzt, der ein Landsmann der von dem gemischten ärztlichen Ausschuß untersuchten Kriegsgefangenen ist, sowie ihrem Vertrauensmann ist es erlaubt, dieser Untersuchung beizuwohnen.
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Artikel 114 - [Unfallverletzte Gefangene]
Kriegsgefangene, die einen Unfall erlitten haben, kommen, außer wenn es sich um Selbstverstümmelung handelt, in den Genuß der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens in bezug auf ihre Heimschaffung oder etwaige Hospitalisierung in einem neutralen Lande.
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Artikel 115 - [Disziplinarisch oder gerichtliche Bestrafte]
Ein disziplinarisch bestrafter Kriegsgefangener, der die für die Heimschaffung oder die Hospitalisierung in einem neutralen Lande vorgesehenen Bedingungen erfüllt, darf nicht zurückgehalten werden, weil er seine Strafe noch nicht verbüßt bat
Die gerichtlich verfolgten oder verurteilten Kriegsgefangenen, die für die Heimschaffung oder Hospitalisierung in einem neutralen Lande vorgesehen sind, können vor Beendigung des Verfahrens oder der Verbüßung der Strafe in den Genuß dieser Maßnahmen gelangen, wenn der Gewahrsamsstaat seine Einwilligung dazu gibt.
Die am Konflikt beteiligten Parteien geben sich gegenseitig die Namen derjenigen bekannt, die bis zur Beendigung des Verfahrens oder der Verbüßung der Strafe zurückbehalten werden.
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Artikel 116 - [Kostentragung]
Die Kosten der Heimschaffung oder der Überführung von Kriegsgefangenen in ein neutrales Land gehen von der Grenze des Gewahrsamsstaates an zu Lasten derjenigen Macht, von der diese Kriegsgefangenen abhängen.
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Artikel 117 - [Verbot der Wiederverwendung im Militärdienst]
Ein Heimgeschaffter darf im aktiven Militärdienst nicht mehr verwendet werden.
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Abschnitt II
Freilassung und Heimschaffung der Kriegsgefangenen bei Beendigung der Feindseligkeiten-
Artikel 118 - [Freilassung]
Die Kriegsgefangenen werden nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten ohne Verzug freigelassen und heimgeschafft.
Enthält das zwischen den am Konflikt beteiligten Parteien abgeschlossene Abkommen zur Beendigung der Feindseligkeiten keine diesbezüglichen Bestimmungen oder wird kein solches Abkommen abgeschlossen, so stellt jeder Gewahrsamsstaat gemäß dem im vorstehenden Absatz aufgestellten Grundsatz ohne Verzug selbst einen Heimschaffungsplan auf und führt ihn aus.
In beiden Fällen werden die beschlossenen Maßnahmen den Kriegsgefangenen zur Kenntnis gebracht.
Die Kosten der Heimschaffung der Kriegsgefangenen werden auf jeden Fall in billiger Weise zwischen der Gewahrsamsmacht und der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, geteilt. Zu diesem Zweck werden folgende Grundsätze beachtet:
a) Wenn es sich um Nachbarstaaten handelt, übernimmt der Staat, von dem die Kriegsgefangenen abhängen, die Kosten der Heimschaffung von der Grenze des Gewahrsamsstaates an;
b) wenn es sich nicht um Nachbarstaaten handelt, übernimmt der Gewahrsamsstaat die Kosten der Beförderung der Kriegsgefangenen auf seinem Gebiet, und zwar bis zu seiner Grenze oder bis zu seinem Einschiffungshafen, der dem Staat, von dem die Gefangenen abhängen, am nächsten liegt. Was den Rest der Heimschaffungskosten betrifft, so einigen sich die beteiligten Mächte über eine gerechte Aufteilung. Auf keinen Fall darf wegen des Abschlusses einer solchen Vereinbarung die Heimschaffung der Kriegsgefangenen auch nur im geringsten verzögert werden.
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Artikel 119 - [Heimschaffung]
Die Heimschaffung erfolgt unter ähnlichen Bedingungen, wie sie in den Artikeln 46 bis 48 einschließlich des vorliegenden Abkommens für die Verlegung von Kriegsgefangenen vorgesehen sind, und unter Berücksichtigung der Bestimmungen von Artikel 118 sowie der nachfolgenden Bestimmungen.
Bei der Heimschaffung werden den Kriegsgefangenen die ihnen gemäß Artikel 18 abgenommenen Wertgegenstände und die Geldbeträge in ausländischer Währung, die nicht in die Währung des Gewahrsamsstaates umgewechselt wurden, zurückerstattet. Die Wertgegenstände und die Geldbeträge in ausländischer Währung, die aus irgendeinem Grunde den Kriegsgefangenen bei ihrer Heimschaffung nicht zurückerstattet werden, werden dem in Artikel 122 vorgesehenen Auskunftsbüro übergeben.
Die Kriegsgefangenen sind berechtigt, ihre persönlichen Sachen, ihre Briefschaften und die erhaltenen Pakete mitzunehmen; das Gewicht dieses Gepäcks kann, falls die Umstände der Heimschaffung es erfordern, auf das beschränkt werden, was der Gefangene vernünftigerweise tragen kann; auf jeden Fall ist jeder Kriegsgefangene berechtigt, mindestens 25 kg mitzunehmen.
Die anderen persönlichen Sachen des heimgeschafften Kriegsgefangenen werden von der Gewahrsamsmacht aufbewahrt; diese läßt sie dem Gefangenen zukommen, sobald sie mit der Macht, von der er abhängt, eine Vereinbarung über die Einzelheiten der Beförderung und die Bezahlung der dadurch entstehenden Kosten getroffen hat.
Die Kriegsgefangenen, gegen die wegen eines Verbrechens oder Vergehens eine Strafverfolgung anhängig ist, können bis zum Abschluß des Gerichtsverfahrens und gegebenenfalls bis zur Verbüßung der Strafe zurückgehalten werden. Das gleiche gilt für Kriegsgefangene, die wegen eines strafrechtlichen Verbrechens oder Vergehens verurteilt sind.
Die am Konflikt beteiligten Parteien teilen sich gegenseitig die Namen der Kriegsgefangenen mit, die bis zum Abschluß des Gerichtsverfahrens oder bis zur Verbüßung der Strafe zurückgehalten werden.
Die am Konflikt beteiligten Parteien vereinbaren die Einsetzung von Ausschüssen, um verstreute Kriegsgefangene zu suchen und ihre möglichst schnelle Heimschaffung zu gewährleisten.
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Abschnitt III
Todesfälle von Kriegsgefangenen-
Artikel 120 - [Testamente; Beerdigung]
Die Testamente der Kriegsgefangenen werden so aufgesetzt, daß sie den in den Rechtsvorschriften ihres Heimatstaates aufgestellten Gültigkeitsbedingungen entsprechen; diese Bedingungen werden vom Heimatstaat dem Gewahrsamsstaat zur Kenntnis gebracht. Auf Verlangen des Kriegsgefangenen und auf jeden Fall nach seinem Tod wird das Testament unverzüglich der Schutzmacht übermittelt und eine beglaubigte Abschrift davon der Zentralstelle für Kriegsgefangene zugestellt.
Die gemäß dem diesem Abkommen beiliegenden Muster erstellten Todesurkunden oder die von einem verantwortlichen Offizier beglaubigten Listen aller in der Gefangenschaft verstorbenen Kriegsgefangenen werden so schnell wie möglich dem in Artikel 122 vorgesehenen Auskunftsbüro für Kriegsgefangene zugestellt. Die in Artikel 17 Absatz 3 aufgezählten Angaben über Identität, Ort und Zeitpunkt des Todes, Todesursache, Ort und Zeitpunkt der Bestattung sowie alle zur Auffindung der Gräber notwendigen Angaben müssen in diesen Urkunden oder Listen enthalten sein.
Der Beerdigung oder Einäscherung muß eine ärztliche Leichenschau vorangehen, die den Tod feststellt, die Abfassung eines Berichts ermöglicht und, wenn nötig, die Identität des Verstorbenen feststellt.
Die Gewahrsamsbehörden sorgen dafür, daß in der Gefangenschaft verstorbene Kriegsgefangene mit allen Ehren, wenn möglich gemäß den Riten der Religion, der sie angehörten, bestattet werden, daß ihre Gräber geachtet, angemessen instand gehalten und so gekennzeichnet werden, daß sie jederzeit wieder aufgefunden werden können. Wenn immer möglich, werden die verstorbenen Kriegsgefangenen, die von der gleichen Macht abhingen, am gleichen Ort bestattet.
Die verstorbenen Kriegsgefangenen werden einzeln bestattet, sofern nicht die Beisetzung in einem Gemeinschaftsgrab infolge höherer Gewalt unumgänglich ist. Die Leichen dürfen nur aus zwingenden hygienischen Gründen oder gemäß der Religion des Verstorbenen oder auf seinen eigenen Wunsch eingeäschert werden. Im Falle einer Einäscherung wird diese Tatsache unter Angabe der Gründe auf der Todesurkunde des Verstorbenen vermerkt.
Damit die Gräber jederzeit wieder aufgefunden werden können, werden alle Angaben über die Bestattungen und die Gräber durch einen vom Gewahrsamsstaat geschaffenen Gräberdienst aufgezeichnet. Die Verzeichnisse der Gräber und die Angaben über die auf den Friedhöfen oder anderswo bestatteten Kriegsgefangenen werden der Macht, von der diese Kriegsgefangenen abhingen, übermittelt. Ist die Macht, in deren Gewalt ein Gebiet steht, Vertragspartei des vorliegenden Abkommens, so obliegt es ihr, für die Pflege der darin befindlichen Gräber und für die Eintragung jeder nachträglichen Überführung einer Leiche besorgt zu sein. Dieselben Bestimmungen gelten auch für die Asche, die vom Gräberdienst aufbewahrt wird, bis der Heimatstaat seine endgültigen Verfügungen in dieser Hinsicht bekanntgibt.
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Artikel 121 - [Untersuchungsverfahren]
Nach jedem Todesfall oder jeder schweren Verletzung eines Kriegsgefangenen, die durch einen Posten, einen anderen Kriegsgefangenen oder irgendeine andere Person verursacht wurde oder versucht sein könnte, sowie nach jedem Todesfall, dessen Ursache unbekannt ist, wird vom Gewahrsamsstaat unverzüglich eine amtliche Untersuchung eingeleitet.
Der Schutzmacht wird darüber sofort Mitteilung gemacht. Die Aussagen der Zeugen, besonders der Kriegsgefangenen, werden aufgenommen; ein diese Aussagen enthaltender Bericht wird der genannten Macht übersandt.
Erweist die Untersuchung die Schuld einer oder mehrerer Personen, so ergreift der Gewahrsamsstaat alle Maßnahmen zur gerichtlichen Verfolgung der verantwortlichen Person oder Personen.
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Teil V
Auskunftsstellen und Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene-
Artikel 122 - [Nationales Auskunftsbüro für Kriegsgefangene]
Bei Ausbruch eines Konflikts und in allen Fällen einer Besetzung richtet jede der am Konflikt beteiligten Parteien ein amtliches Auskunftsbüro für die in ihrer Hand befindlichen Kriegsgefangenen ein; das gleiche gilt für die neutralen oder nicht-kriegführenden Mächte hinsichtlich derjenigen Personen, die einer der in Artikel 4 aufgeführten Kategorien angehören und die sie in ihr Gebiet aufgenommen haben. Die betreffende Macht trägt dafür Sorge, daß dem Auskunftsbüro die Räumlichkeiten, das Material und das Personal zur Verfügung stehen, die notwendig sind, damit es wirksam arbeiten kann. Es steht ihr frei, unter Beachtung der im Abschnitt des vorliegenden Abkommens über die Arbeit der Kriegsgefangenen festgelegten Bedingungen Kriegsgefangene hierfür zu verwenden.
Jede der am Konflikt beteiligten Parteien läßt ihrem Büro in kürzestmöglicher Frist die im vierten, fünften und sechsten Absatz dieses Artikels erwähnten Auskünfte über jede feindliche, zu einer der in Artikel 4 aufgeführten Kategorien gehörende und in ihre Hände gefallene Person zukommen. Das gleiche gilt für die neutralen oder nicht-kriegführenden Mächte hinsichtlich jener Personen, die diesen Kategorien angehören und die sie in ihr Gebiet aufgenommen haben.
Das Auskunftsbüro leitet diese Auskünfte durch Vermittlung der Schutzmächte einerseits und der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle andererseits unverzüglich auf schnellstem Wege an die betreffenden Mächte weiter.
Diese Auskünfte sollen eine schnelle Benachrichtigung der betreffenden Familien ermöglichen. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 17 enthalten diese Angaben für jeden Kriegsgefangenen Namen, Vornamen, Dienstgrad, Matrikelnummer, Ort und vollständiges Datum der Geburt, Bezeichnung der Macht, von der er abhängt, Vornamen des Vaters und Mädchennamen der Mutter, Namen und Anschrift der zu benachrichtigenden Person sowie die Anschrift, unter der dem Gefangenen Briefschaften zugestellt werden können, soweit das Auskunftsbüro diese Angaben besitzt.
Das Auskunftsbüro erhält von den verschiedenen zuständigen Dienststellen die Angaben über Verlegung, Freilassung, Heimschaffung, Flucht, Hospitalisierung, Tod und leitet sie auf die im dritten Absatz dieses Artikels vorgesehene Weise weiter.
Ebenso werden regelmäßig, und zwar wenn möglich wöchentlich, Auskünfte über den Gesundheitszustand schwerkranker oder schwerverletzter Kriegsgefangener weitergeleitet.
Das Auskunftsbüro ist ebenfalls verantwortlich für die Beantwortung aller Anfragen über die Kriegsgefangenen, einschließlich der in der Gefangenschaft verstorbenen; um sich die verlangten Auskünfte, die ihm fehlen sollten, zu beschaffen, nimmt es die nötigen Erhebungen vor.
Alle schriftlichen Mitteilungen des Auskunftsbüros werden durch Unterschrift oder Siegel beglaubigt.
Das Auskunftsbüro wird ferner beauftragt, alle persönlichen Wertgegenstände, einschließlich der Geldbeträge in anderer Währung als der des Gewahrsamsstaates, sowie die für die nächsten Angehörigen wichtigen Schriftstücke zu sammeln, die die Kriegsgefangenen bei ihrer Heimschaffung, ihrer Freilassung, ihrer Flucht oder ihrem Tod zurückgelassen haben, und sie an die betreffenden Mächte zu übermitteln. Diese Gegenstände werden vom Büro in versiegelten Paketen versandt; es wird ihnen eine Erklärung, welche die Identität der Person, der die Gegenstände gehörten, genau feststellt, sowie ein vollständiges Verzeichnis des Paketinhaltes beigefügt. Die sonstigen persönlichen Sachen der in Frage kommenden Kriegsgefangenen werden gemäß den zwischen den betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien getroffenen Abmachungen zurückgesandt.
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Artikel 123 - [Zentralauskunftsstelle für Kriegsgefangene]
Eine Zentralauskunftsstelle für Kriegsgefangene wird in einem neutralen Land geschaffen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wird den in Frage kommenden Mächten, sofern es ihm notwendig erscheint, die Organisation dieser Zentralstelle vorschlagen.
Diese Zentralstelle wird beauftragt, alle Auskünfte betreffend Kriegsgefangene, die sie auf amtlichem oder privatem Wege beschaffen kann, zu sammeln; sie leitet sie so schnell wie möglich an das Herkunftsland der Kriegsgefangenen oder an die Macht, von der sie abhängen, weiter. Seitens der am Konflikt beteiligten Parteien erhält diese Zentralstelle alle Erleichterungen zur Durchführung dieser Weiterleitungen.
Die Hohen Vertragsparteien und im besondern diejenigen, deren Angehörigen die Dienste der Zentralstelle zugute kommen, werden aufgefordert, ihr die finanzielle Hilfe angedeihen zu lassen, deren sie bedarf.
Die vorstehenden Bestimmungen dürfen nicht als eine Beschränkung der humanitären Tätigkeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und der in Artikel 125 erwähnten Hilfsgesellschaften ausgelegt werden.
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Artikel 124 - [Postgebührenfreiheit]
Die nationalen Auskunftsbüros und die Zentralauskunftsstelle genießen für alle Postsendungen Gebührenfreiheit; auch werden ihnen alle in Artikel 74 vorgesehenen Befreiungen sowie im Rahmen des Möglichen Gebührenfreiheit oder zumindest bedeutende Gebührenermäßigungen für telegraphische Mitteilungen gewährt.
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Artikel 125 - [Tätigkeit von Hilfsorganisationen]
Unter Vorbehalt der Maßnahmen, die die Gewahrsamsstaaten für unerläßlich erachten, um ihre Sicherheit zu gewährleisten oder jedem anderen vernünftigen Erfordernis zu entsprechen, lassen sie religiösen Organisationen, Hilfsgesellschaften oder jeder anderen den Kriegsgefangenen Hilfe bringenden Organisation gute Aufnahme zuteil werden. Sie gewähren ihnen sowie ihren gebührend beglaubigten Delegierten alle notwendigen Erleichterungen, damit diese die Kriegsgefangenen besuchen, Hilfssendungen und für Erziehungs-, Erholungs- oder Religionszwecke bestimmte Gegenstände, gleich welcher Herkunft, an sie verteilen und ihnen bei der Gestaltung ihrer Freizeit innerhalb der Lager helfen können. Die genannten Gesellschaften oder Organisationen können auf dem Gebiet des Gewahrsamsstaates oder in einem anderen Land gegründet sein oder aber internationalen Charakter haben.
Der Gewahrsamsstaat kann die Anzahl der Gesellschaften und Organisationen begrenzen, deren Delegierte ermächtigt sind, ihre Tätigkeit auf seinem Gebiet und unter seiner Aufsicht auszuüben, vorausgesetzt, daß eine solche Begrenzung die wirksame und ausreichende Hilfeleistung an alle Kriegsgefangenen nicht hindert.
Die besondere Stellung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz auf diesem Gebiete ist jederzeit anzuerkennen und zu beachten.
Sobald Hilfssendungen oder Gegenstände, die den oben genannten Zwecken dienen, den Kriegsgefangenen übergeben werden, oder kurze Zeit danach wird den Hilfsgesellschaften oder Organisationen für jede von ihnen abgeschickte Sendung eine vom Vertrauensmann unterzeichnete Empfangsbestätigung zugestellt. Gleichzeitig werden von den Verwaltungsbehörden, die die Kriegsgefangenen überwachen, Empfangsbestätigungen für diese Sendungen ausgestellt.
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Teil VI
Durchführung des Abkommens-
Abschnitt I
Allgemeine Bestimmungen-
Artikel 126 - [Delegierte der Schutzmächte und des Roten Kreuzes]
Die Vertreter oder Delegierten der Schutzmächte sind ermächtigt, sich an alle Orte zu begeben, wo sich Kriegsgefangene aufhalten, namentlich an alle Internierungs-, Gefangenhaltungs- und Arbeitsorte; sie haben zu allen von Kriegsgefangenen benutzten Räumlichkeiten Zutritt. Sie sind ebenfalls ermächtigt, sich an die Abfahrts-, Durchfahrts- und Ankunftsorte von verlegten Kriegsgefangenen zu begeben. Sie können sich ohne Zeugen mit den Gefangenen und besonders mit ihrem Vertrauensmann unterhalten, wenn nötig durch Vermittlung eines Dolmetschers.
Den Vertretern und Delegierten der Schutzmächte wird in der Wahl der Orte, die sie zu besuchen wünschen, jede Freiheit gelassen. Dauer und Zahl dieser Besuche werden nicht eingeschränkt. Diese Besuche dürfen nur aus zwingenden militärischen Gründen und nur ausnahmsweise und vorübergehend untersagt werden.
Der Gewahrsamsstaat und die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, können gegebenenfalls übereinkommen, Mitbürger dieser Kriegsgefangenen zur Teilnahme an solchen Besuchen zuzulassen.
Die Delegierten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz genießen die gleichen Vorrechte. Die Ernennung dieser Delegierten bedarf der Genehmigung der Macht, in deren Hand sich die zu besuchenden Kriegsgefangenen befinden.
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Artikel 127 - [Unterrichtung über das Abkommen]
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in Friedens- und Kriegszeiten den Wortlaut des vorliegenden Abkommens in ihren Ländern im weitestmöglichen Ausmaß zu verbreiten und insbesondere sein Studium in die militärischen und, wenn möglich, zivilen Ausbildungsprogramme aufzunehmen, so daß die Gesamtheit ihrer Streitkräfte und der Bevölkerung seine Grundsätze kennenlernen kann.
Die militärischen oder anderen Behörden, die in Kriegszeiten Verantwortlichkeiten in bezug auf Kriegsgefangene zu übernehmen haben, müssen den Wortlaut des Abkommens besitzen und über dessen Bestimmungen besonders unterrichtet werden.
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Artikel 128 - [Amtliche Übersetzungen]
Die Hohen Vertragsparteien stellen sich gegenseitig durch Vermittlung des Schweizerischen Bundesrates und während der Feindseligkeiten durch Vermittlung der Schutzmächte die amtlichen Übersetzungen des vorliegenden Abkommens sowie die Gesetze und Verordnungen zu, die sie gegebenenfalls zur Gewährleistung seiner Anwendung erlassen.
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Artikel 129 - [Maßnahmen gegen Verletzungen des Abkommens]
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Festsetzung von angemessenen Strafbestimmungen für solche Personen zu treffen, die irgendeine der im folgenden Artikel umschriebenen schweren Verletzungen des vorliegenden Abkommens begehen oder zu einer solchen Verletzung den Befehl erteilen.
Jede Vertragspartei ist zur Ermittlung der Personen verpflichtet, die der Begehung oder der Erteilung eines Befehls zur Begehung einer dieser schweren Verletzungen beschuldigt sind; sie stellt sie ungeachtet ihrer Nationalität vor ihre eigenen Gerichte. Wenn sie es vorzieht, kann sie sie auch gemäß den in ihrem eigenen Recht vorgesehenen Bedingungen einer anderen an der gerichtlichen Verfolgung interessierten Vertragspartei zur Aburteilung übergeben, sofern diese gegen die erwähnten Personen ein ausreichendes Belastungsmaterial vorbringt.
Jede Vertragspartei ergreift die notwendigen Maßnahmen, um auch diejenigen Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens zu unterbinden, die nicht zu den im folgenden Artikel umschriebenen schweren Verletzungen zählen.
Unter allen Umständen genießen die Angeklagten nicht geringere Sicherheiten in bezug auf Gerichtsverfahren und freie Verteidigung, als in Artikel 105 und den folgenden Artikeln des vorliegenden Abkommens vorgesehen sind.
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Artikel 130 - [Schwere Verletzung des Abkommens]
Als schwere Verletzung im Sinne des vorstehenden Artikels gilt jede der folgenden Handlungen, sofern sie gegen durch das Abkommen geschützte Personen oder Güter begangen wird: vorsätzliche Tötung, Folterung oder unmenschliche Behandlung einschließlich biologischer Versuche, vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit, Nötigung eines Kriegsgefangenen zur Dienstleistung in den Streitkräften der feindlichen Macht oder Entzug seines Anrechts auf ein ordentliches und unparteiisches, den Vorschriften des vorliegenden Abkommens entsprechendes Gerichtsverfahren.
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Artikel 131 - [Keine Befreiung von Verantwortlichkeit]
Eine Hohe Vertragspartei kann weder sich selbst noch eine andere Vertragspartei von den Verantwortlichkeiten befreien, die ihr selbst oder einer anderen Vertragspartei auf Grund von Verletzungen im Sinne des vorstehenden Artikels zufallen.
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Artikel 132 - [Untersuchungsverfahren bei Verletzungen]
Auf Begehren einer am Konflikt beteiligten Partei wird gemäß einem zwischen den beteiligten Parteien festzusetzenden Verfahren über jede behauptete Verletzung des Abkommens eine Untersuchung eingeleitet.
Kann über das Untersuchungsverfahren keine Übereinstimmung erzielt werden, so kommen die Parteien überein, einen Schiedsrichter zu wählen, der über das zu befolgende Verfahren entscheidet.
Sobald die Verletzung festgestellt ist, setzen ihr die am Konflikt beteiligten Parteien ein Ende und ahnden sie so schnell wie möglich.
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Abschnitt II
Schlußbestimmungen-
Artikel 133 - [Maßgebliche Texte]
Das vorliegende Abkommen ist in französischer und englischer Sprache abgefaßt. Beide Texte sind gleicherweise maßgeblich.
Der Schweizerische Bundesrat läßt amtliche Übersetzungen des Abkommens in die russische und die spanische Sprache herstellen.
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Artikel 134 - [Ersetzung des früheren Abkommens]
Das vorliegende Abkommen ersetzt in den Beziehungen zwischen den Hohen Vertragsparteien das Abkommen vom 27. Juli 1929.
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Artikel 135 - [Ergänzung der Haager Landkriegsordnung]
In den Beziehungen zwischen Mächten, die durch das Haager Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges gebunden sind, sei es das vom 29. Juli 1899 oder das vom 18. Oktober 1907, und die Vertragsparteien des vorliegenden Abkommens werden, ergänzt dieses letztere das Zweite Kapitel der dem erwähnten Haager Abkommen anliegenden Kriegsordnung.
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Artikel 136 - [Unterzeichnung des Abkommens]
Das vorliegende Abkommen, welches das Datum des heutigen Tages trägt, kann bis zum 12. Februar 1950 im Namen der Mächte unterzeichnet werden, die auf der am 21. April 1949 in Genf eröffneten Konferenz vertreten waren, sowie im Namen der Mächte, die auf dieser Konferenz nicht vertreten waren, aber Vertragsparteien des Abkommens vom 27. Juli 1929 sind.
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Artikel 137 - [Ratifikation]
Das vorliegend Abkommen soll so bald wie möglich ratifiziert werden; die Ratifikationsurkunden werden in Bern hinterlegt.
Über die Hinterlegung jeder Ratifikationsurkunde wird ein Protokoll aufgenommen; von diesem wird eine beglaubigte Abschrift durch den Schweizerischen Bundesrat allen Mächten übersandt, in deren Namen das Abkommen unterzeichnet oder der Beitritt erklärt worden ist.
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Artikel 138 - [Inkrafttreten]
Das vorliegende Abkommen tritt sechs Monate nach Hinterlegung von mindestens zwei Ratifikationsurkunden in Kraft.
Späterhin tritt es für jede Hohe Vertragspartei sechs Monate nach Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde in Kraft.
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Artikel 139 - [Beitritt anderer Mächte]
Vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an steht das vorliegende Abkommen jeder Macht zum Beitritt offen, in deren Namen es nicht unterzeichnet worden ist.
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Artikel 140 - [Notifikation des Beitritts]
Der Beitritt wird dem Schweizerischen Bundesrat schriftlich notifiziert und wird sechs Monate nach dem Zeitpunkt, an dem diesem die Notifikation zugegangen ist, wirksam.
Der Schweizerische Bundesrat bringt die Beitritte allen Mächten zur Kenntnis, in deren Namen das Abkommen unterzeichnet oder der Beitritt notifiziert worden ist.
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Artikel 141 - [Inkrafttreten bei Konflikten]
Der Eintritt der in Artikel 2 und 3 vorgesehenen Lage verleiht den vor oder nach Beginn der Feindseligkeiten oder der Besetzung hinterlegten Ratifikationsurkunden und notifizierten Beitritten von am Konflikt beteiligten Parteien sofortige Wirkung. Der Schweizerische Bundesrat gibt die eingegangenen Ratifikationen oder Beitrittserklärungen von Parteien, die am Konflikt beteiligt sind, auf dem schnellsten Wege bekannt.
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Artikel 142 - [Kündigung]
Jeder Hohen Vertragspartei steht es frei, das vorliegende Abkommen zu kündigen.
Die Kündigung wird dem Schweizerischen Bundesrat schriftlich notifiziert. Dieser bringt sie den Regierungen aller Hohen Vertragsparteien zur Kenntnis.
Die Kündigung wird ein Jahr nach ihrer Notifizierung an den Schweizerischen Bundesrat wirksam. Jedoch bleibt eine Kündigung, die notifiziert wird, während die kündigende Macht in einen Konflikt verwickelt ist, unwirksam, solange nicht Friede geschlossen ist und auf alle Fälle, solange die mit der Freilassung und Heimschaffung der durch das vorliegende Abkommen geschützten Personen in Zusammenhang stehenden Handlungen nicht abgeschlossen sind.
Die Kündigung gilt nur in bezug auf die kündigende Macht. Sie hat keinerlei Wirkung auf die Verpflichtungen, welche die am Konflikt beteiligten Parteien gemäß den Grundsätzen des Völkerrechts zu erfüllen gehalten sind, wie sie sich aus den unter zivilisierten Völkern feststehenden Gebräuchen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben.
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Artikel 143 - [Eintragung bei den Vereinten Nationen]
Der Schweizerische Bundesrat läßt das vorliegende Abkommen beim Sekretariat der Vereinten Nationen eintragen. Er setzt das Sekretariat der Vereinten Nationen ebenfalls von allen Ratifikationen, Beitritten und Kündigungen in Kenntnis, die er in bezug auf das vorliegende Abkommen erhält.
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ZU URKUND DESSEN haben die Unterzeichneten nach Hinterlegung ihrer entsprechenden Vollmachten das vorliegende Abkommen unterschrieben.
GESCHEHEN zu Genf am 12. August 1949 in französischer und englischer Sprache. Das Original wird im Archiv der Schweizerischen Eidgenossenschaft hinterlegt. Der Schweizerische Bundesrat übermittelt jedem unterzeichnenden und beitretenden Staat eine beglaubigte Ausfertigung des vorliegenden Abkommens.
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