Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr auf See zur Durchführung des Artikels 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen
Compare-
Die Mitgliedstaaten des Europarats, die ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das am 20. Dezember 1988 in Wien beschlossene Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen, im folgenden als "Wiener Übereinkommen" bezeichnet, gebunden zu sein,
in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen;
überzeugt von der Notwendigkeit, eine auf den Schutz der Gesellschaft gerichtete gemeinsame Strafrechtspolitik zu verfolgen;
in der Erwägung, daß der Kampf gegen das schwere Verbrechen, das zunehmend zu einem internationalen Problem geworden ist, eine enge Zusammenarbeit auf internationaler Ebene erfordert;
in dem Wunsch, bei der Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen auf See ihre Zusammenarbeit im Einklang mit dem Seevölkerrecht und unter voller Beachtung des Grundsatzes der Freiheit der Schiffahrt so weitgehend wie möglich zu verstärken;
in der Erwägung daher, daß Artikel 17 des Wiener Übereinkommens durch ein regionales Übereinkommen zur Durchführung und zur Verstärkung der Wirksamkeit der Bestimmungen jenes Artikels ergänzt werden sollte,
sind wie folgt übereingekommen:
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Kapitel I
Begriffsbestimmungen-
Artikel 1 - Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Übereinkommens:
a. bedeutet "eingreifender Staat" einen Vertragsstaat, der eine andere Vertragspartei um die Genehmigung ersucht hat oder zu ersuchen beabsichtigt, in bezug auf ein Schiff, das die Flagge des anderen Vertragsstaats führt oder dessen Registrierungszeichen zeigt, Maßnahmen nach diesem Übereinkommen zu treffen;
b. bedeutet "bevorrechtigte Gerichtsbarkeit" in bezug auf einen Flaggenstaat, der mit einem anderen Staat konkurrierende Gerichtsbarkeit über eine einschlägige Straftat hat, das Recht, seine Gerichtsbarkeit vorrangig auszuüben, wobei die Ausübung der Gerichtsbarkeit des anderen Staates über die betreffende Straftat ausgeschlossen ist;
c. bedeutet "einschlägige Straftat" jede Straftat der in Artikel 3 Absatz 1 des Wiener Übereinkommens beschriebenen Art;
d. bedeutet "Schiff" ein Wasserfahrzeug oder ein anderes schwimmendes Fahrzeug jeder Art, einschließlich Luftkissen- und Unterwasserfahrzeuge.
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Kapitel II
Internationale Zusammenarbeit-
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen-
Artikel 2 - Allgemeine Grundsätze
1. Die Vertragsparteien arbeiten so weitgehend wie möglich zusammen, um den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen auf See nach Maßgabe des Seevölkerrechts zu bekämpfen.
2. Bei der Durchführung dieses Übereinkommens sind die Vertragsparteien bestrebt sicherzustellen, daß durch ihre Maßnahmen die Wirksamkeit der Rechtsdurchsetzung gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen auf See auf ein Höchstmaß gesteigert wird.
3. Jede nach diesem Übereinkommen getroffene Maßnahme trägt der Notwendigkeit gebührend Rechnung, die Rechte und Pflichten sowie die Ausübung der Hoheitsbefugnisse der Küstenstaaten in übereinstimmung mit dem Seevölkerrecht nicht zu behindern oder zu beeinträchtigen.
4. Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als verstöße es gegen den Grundsatz ne bis in idem, wie er im innerstaatlichen Recht Anwendung findet.
5. Die Vertragsparteien erkennen an, daß es sachdienlich ist, Informationen über Schiffe, Ladung und Tatsachen zu sammeln und auszutauschen, wenn sie der Auffassung sind, daß ein solcher Informationsaustausch einer Vertragspartei bei der Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen auf See behilflich sein könnte.
6. Dieses Übereinkommen läßt die Immunität der Kriegsschiffe und der sonstigen Staatsschiffe, die anderen als Handelszwecken dienen, unberührt.
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Artikel 3 - Gerichtsbarkeit
1. Jede Vertragspartei trifft die notwendigen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die einschlägigen Straftaten zu begründen, wenn die Straftat an Bord eines ihre Flagge führenden Schiffes begangen wird.
2. Für die Zwecke der Anwendung dieses Übereinkommens trifft jede Vertragspartei die notwendigen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die einschlägigen Straftaten zu begründen, die an Bord eines Schiffes begangen werden, das die Flagge einer anderen Vertragspartei des Übereinkommens führt oder deren Registrierungszeichen zeigt oder irgendeinen anderen Hinweis auf die Zugehörigkeit zu dieser Vertragspartei trägt. Diese Gerichtsbarkeit wird nur in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen ausgeübt.
3. Für die Zwecke der Anwendung dieses Übereinkommens trifft jede Vertragspartei die notwendigen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die einschlägigen Straftaten zu begründen, die an Bord eines Schiffes begangen werden, das keine Staatszugehörigkeit besitzt oder nach dem Völkerrecht einem Schiff ohne Staatszugehörigkeit gleichgestellt ist.
4. Der Flaggenstaat hat bevorrechtigte Gerichtsbarkeit über jede an Bord seines Schiffes begangene einschlägige Straftat.
5. Jeder Staat kann bei der Unterzeichung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die anderen Vertragsparteien dieses Übereinkommens von den Kriterien unterrichten, die er bei der Ausübung der nach Absatz 2 begründeten Gerichtsbarkeit anzuwenden beabsichtigt.
6. Jeder Staat, der nicht über Kriegsschiffe oder Militärluftfahrzeuge oder sonstige anderen als Handelszwecken dienende Staatsschiffe oder -luftfahrzeuge verfügt, die es ihm ermöglichen würden, eingreifender Staat nach diesem Übereinkommen zu werden, kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung erklären, daß er die Absätze 2 und 3 nicht anwenden wird. Ein Staat, der eine solche Erklärung abgegeben hat, ist verpflichtet, diese zurückzunehmen, wenn die den Vorbehalt rechtfertigenden Umstände nicht mehr vorliegen.
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Artikel 4 - Hilfe für Flaggenstaaten
1. Eine Vertragspartei, die den begründeten Verdacht hat, daß ein ihre Flagge führendes Schiff an der Begehung einer einschlägigen Straftat beteiligt ist oder dazu benutzt wird, kann andere Vertragsparteien um Hilfe bei der Bekämpfung der Verwendung des Schiffes zu diesem Zweck ersuchen. Die ersuchten Vertragsparteien leisten diese Hilfe im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel.
2. In diesem Ersuchen kann der Flaggenstaat die ersuchte Vertragspartei unter anderem ermächtigen, vorbehaltlich etwa auferlegter Bedingungen oder Beschränkungen einige oder alle in diesem Übereinkommen festgelegten Maßnahmen zu treffen.
3. Willigt die ersuchte Vertragspartei ein, aufgrund der nach Absatz 2 erteilten Genehmigung des Flaggenstaats zu handeln, so finden, sofern nichts anderes vorgesehen ist, die Bestimmungen dieses Übereinkommens über die Rechte und Pflichten des eingreifenden Staates und des Flaggenstaats gegebenenfalls auf die ersuchte beziehungsweise die ersuchende Vertragspartei Anwendung.
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Artikel 5 - Schiffe ohne Staatszugehörigkeit
1. Eine Vertragspartei, die den begründeten Verdacht hat, daß ein Schiff ohne Staatszugehörigkeit oder ein Schiff, das nach dem Völkerrecht einem Schiff ohne Staatszugehörigkeit gleichgestellt ist, an der Begehung einer einschlägigen Straftat beteiligt ist oder dazu benutzt wird, unterrichtet die anderen Vertragsparteien, die am unmittelbarsten betroffen zu sein scheinen, und kann jede dieser Vertragsparteien um Hilfe bei der Bekämpfung der Verwendung des Schiffes zu diesem Zweck ersuchen. Die ersuchte Vertragspartei leistet diese Hilfe im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel.
2. Trifft eine Vertragspartei, die nach Absatz 1 unterrichtet worden ist, Maßnahmen, so obliegt es dieser Vertragspartei, zu entscheiden, welche Maßnahmen geeignet sind, und ihre Gerichtsbarkeit über einschlägige Straftaten, die möglicherweise von irgendeiner Person an Bord des Schiffes begangen worden sind, auszuüben.
3. Jede Vertragspartei, die nach diesem Artikel Maßnahmen getroffen hat, übermittelt der Vertragspartei, die sie unterrichtet oder um Hilfe ersucht hat, so bald wie möglich die Ergebnisse der in bezug auf das Schiff und an Bord befindliche Personen getroffenen Maßnahmen.
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Abschnitt 2
Genehmigungsverfahren-
Artikel 6 - Grundregeln für die Genehmigung
Hat der eingreifende Staat den begründeten Verdacht, daß ein Schiff, das die Flagge einer anderen Vertragspartei führt oder deren Registrierungszeichen zeigt oder irgendeinen anderen Hinweis auf die Staatszugehörigkeit trägt, an der Begehung einer einschlägigen Straftat beteiligt ist oder dazu benutzt wird, so kann der eingreifende Staat den Flaggenstaat um die Genehmigung ersuchen, das Schiff in Gewässern außerhalb des Küstenmeers einer jeden Vertragspartei zu stoppen und anzuhalten und einige oder alle in diesem Übereinkommen festgelegten Maßnahmen zu treffen. Solche Maßnahmen dürfen aufgrund des Übereinkommens nicht ohne Genehmigung des Flaggenstaats getroffen werden.
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Artikel 7 - Entscheidung über das Genehmigungsersuchen
Der Flaggenstaat bestätigt den Eingang eines Genehmigungsersuchens nach Artikel 6 umgehend und übermittelt so bald wie möglich, soweit durchführbar innerhalb von vier Stunden nach Eingang des Ersuchens, eine Entscheidung darüber.
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Artikel 8 - Bedingungen
1. Gibt der Flaggenstaat dem Ersuchen statt, so kann die Genehmigung von Bedingungen oder Beschränkungen abhängig gemacht werden. Diese Bedingungen oder Beschränkungen können insbesondere vorsehen, daß die ausdrückliche Genehmigung des Flaggenstaats vorliegen muß, bevor der eingreifende Staat bestimmte Schritte unternimmt.
2. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung erklären, daß er als eingreifender Staat sein Eingreifen von der Bedingung abhängig machen kann, daß Personen seiner Staatsangehörigkeit, die nach Artikel 15 dem Flaggenstaat übergeben und dort wegen einer einschlägigen Straftat verurteilt werden, die Möglichkeit haben, zum Verbüßen der verhängten Strafe an den eingreifenden Staat überstellt zu werden.
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Abschnitt 3
Regeln für die zu treffenden Maßnahmen-
Artikel 9 - Genehmigte Maßnahmen
1. Nach Eingang der Genehmigung des Flaggenstaats und gegebenenfalls vorbehaltlich der Bedingungen oder Beschränkungen nach Artikel 8 Absatz 1 kann der eingreifende Staat folgende Maßnahmen treffen:
i. a. das Schiff stoppen und anhalten;
b. die wirksame Kontrolle über das Schiff und jede an Bord befindliche Person übernehmen;
c. jede unter Ziffer ii vorgesehene Maßnahme treffen, die für notwendig erachtet wird, um festzustellen, ob eine einschlägige Straftat begangen worden ist, und um Beweise dafür sicherzustellen;
d. anordnen, daß das Schiff und jede an Bord befindliche Person in das Hoheitsgebiet des eingreifenden Staates verbracht werden, und das Schiff dort zum Zweck weiterer Untersuchungen zurückhalten;
ii. und nach übernahme der wirksamen Kontrolle über das Schiff:
a. das Schiff und alle an Bord befindlichen Personen und Sachen einschließlich der Ladung durchsuchen;
b. alle Container öffnen oder öffnen lassen und alle Sachen auf dem Schiff untersuchen oder Proben davon nehmen;
c. jede an Bord befindliche Person auffordern, über sich und alle Sachen auf dem Schiff Auskunft zu geben;
d. die Herausgabe von Schriftstücken, Büchern oder Unterlagen anordnen, die das Schiff oder an Bord befindliche Personen oder Sachen betreffen, und Photos oder Kopien von jeder Sache herstellen, deren Herausgabe die zuständigen Behörden anzuordnen befugt sind;
e. jedes an Bord entdeckte Beweismittel oder Material beschlagnahmen, sichern und schützen.
2. Jede nach Absatz 1 getroffene Maßnahme läßt ein nach dem Recht des eingreifenden Staates bestehendes Recht verdächtiger Personen, sich nicht selbst zu belasten, unberührt.
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Artikel 10 - Durchsetzungsmaßnahmen
1. Hat der eingreifende Staat aufgrund der nach Artikel 9 getroffenen Maßnahmen Beweise für die Begehung einer einschlägigen Straftat, die nach seinem Recht ausreichen würden, um die Festnahme der Betroffenen oder das Zurückhalten des Schiffes oder beides zu rechtfertigen, so kann er entsprechend verfahren.
2. Der eingreifende Staat notifiziert dem Flaggenstaat unverzüglich die nach Absatz 1 unternommenen Schritte.
3. Das Schiff darf nicht länger zurückgehalten werden als für den Abschluß der Untersuchungen im Hinblick auf einschlägige Straftaten unbedingt notwendig. Besteht der begründete Verdacht, daß die Eigentümer des Schiffes unmittelbar an einer einschlägigen Straftat beteiligt sind, so können das Schiff und seine Ladung nach Abschluß der Untersuchungen weiter zurückgehalten werden. Personen, die keiner einschlägigen Straftat verdächtigt werden, sind freizulassen, und Gegenstände, die nicht als Beweismittel benötigt werden, sind freizugeben.
4. Unbeschadet des Absatzes 3 können der eingreifende Staat und der Flaggenstaat mit einem dritten Staat, der Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, vereinbaren, daß das Schiff in das Hoheitsgebiet dieses dritten Staates verbracht wird und daß dieser Staat, sobald sich das Schiff in seinem Hoheitsgebiet befindet, für die Zwecke des Übereinkommens als eingreifender Staat angesehen.
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Artikel 11 - Durchführung der Maßnahmen
1. Maßnahmen, die nach den Artikeln 9 und 10 getroffen werden, unterliegen dem Recht des eingreifenden Staates.
2. Maßnahmen nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a, b und d werden nur von Kriegsschiffen oder Militärluftfahrzeugen oder von anderen Schiffen oder Luftfahrzeugen durchgeführt, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar sind und die hierzu befugt sind.
3. a. Ein Bediensteter des eingreifenden Staates darf wegen einer in Erfüllung seiner Aufgaben vorgenommenen Handlung im Flaggenstaat nicht strafrechtlich verfolgt werden. In einem solchen Fall unterliegt der Bedienstete der Strafverfolgung im eingreifenden Staat, als wären die die Straftat darstellenden Handlungen im Hoheitsbereich dieses Staates begangen worden.
b. In einem im Flaggenstaat eingeleiteten Verfahren werden Straftaten, die gegen einen Bediensteten des eingreifenden Staates im Zusammenhang mit den nach den Artikeln 9 und 10 durchgeführten Maßnahmen begangen werden, so angesehen, als wären sie gegen einen Bediensteten des Flaggenstaats begangen worden.
4. Der Kapitän eines Schiffes, das in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen angehalten worden ist, hat das Recht, mit den Behörden des Flaggenstaats sowie mit den Eigentümern oder Betreibern des Schiffes zu verkehren, um ihnen mitzuteilen, daß das Schiff angehalten wurde. Die Behörden des eingreifenden Staates können jedoch jeden Verkehr mit den Eigentümern oder Betreibern des Schiffes verhindern oder verzögern, wenn sie hinreichenden Grund zu der Annahme haben, daß dieser Verkehr die Untersuchungen im Hinblick auf eine einschlägige Straftat behindern würde.
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Artikel 12 - Sicherheit der Anwendung
1. Bei der Anwendung dieses Übereinkommens tragen die betroffenen Vertragsparteien der Notwendigkeit gebührend Rechnung, den Schutz des menschlichen Lebens auf See sowie die Sicherheit des Schiffes und der Ladung nicht zu gefährden und wirtschaftliche oder rechtliche Interessen nicht zu beeinträchtigen. Insbesondere berücksichtigen sie:
a. die mit dem Anhalten eines Schiffes auf See verbundenen Gefahren und die Möglichkeit, diese Maßnahme unter sichereren Bedingungen im nächsten Anlaufhafen durchzuführen;
b. die Notwendigkeit, jede Störung der rechtmäßigen gewerblichen Nutzung eines Schiffes möglichst gering zu halten;
c. die Notwendigkeit, das ungebührliche Zurückhalten oder Aufhalten eines Schiffes zu vermeiden;
d. die Notwendigkeit, die Anwendung von Gewalt auf das für die Durchsetzung der Anweisungen des eingreifenden Staates notwendige Mindestmaß zu beschränken.
2. Der Einsatz von Schußwaffen gegen das Schiff oder auf dem Schiff ist so bald wie möglich dem Flaggenstaat zu melden.
3. Tod oder Verletzung einer an Bord des Schiffes befindlichen Person ist so bald wie möglich dem Flaggenstaat zu melden. Bei einer vom Flaggenstaat durchgeführten Untersuchung eines Todesfalls oder einer Verletzung arbeiten die Behörden des eingreifenden Staates mit den Behörden des Flaggenstaats umfassend zusammen.
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Abschnitt 4
Regeln für die Ausübung der Gerichtsbarkeit-
Artikel 13 - Beweise für Straftaten
1. Um es dem Flaggenstaat zu ermöglichen, über die Ausübung seiner bevorrechtigten Gerichtsbarkeit nach Artikel 14 zu entscheiden, übermittelt der eingreifende Staat dem Flaggenstaat unverzüglich eine Zusammenfassung der Beweise für Straftaten, die aufgrund der nach Artikel 9 getroffenen Maßnahmen entdeckt wurden. Der Flaggenstaat bestätigt umgehend den Eingang der Zusammenfassung.
2. Entdeckt der eingreifende Staat Beweise, die vermuten lassen, daß nicht unter dieses Übereinkommen fallende Straftaten begangen wurden oder daß sich nicht an einschlägigen Straftaten beteiligte verdächtige Personen an Bord befinden, so notifiziert er dies dem Flaggenstaat. Gegebenenfalls konsultieren die beteiligten Vertragsparteien einander.
3. Dieses Übereinkommen ist so auszulegen, daß es dem eingreifenden Staat nur dann erlaubt, andere als auf die Ermittlung und Strafverfolgung wegen einschlägiger Straftaten gerichtete Maßnahmen einschließlich der Inhafthaltung von Personen zu ergreifen, wenn:
a. der Flaggenstaat seine ausdrückliche Zustimmung erteilt oder
b. die Maßnahmen auf die Ermittlung und Strafverfolgung wegen einer Straftat gerichtet sind, die begangen wurde, nachdem die Person in das Hoheitsgebiet des eingreifenden Staates verbracht wurde.
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Artikel 14 - Ausübung der bevorrechtigten Gerichtsbarkeit
1. Ein Flaggenstaat, der seine bevorrechtigte Gerichtsbarkeit auszuüben wünscht, tut dies in Übereinstimmung mit diesem Artikel.
2. Er notifiziert dies dem eingreifenden Staat so bald wie möglich, spätestens vierzehn Tage nach Eingang der Zusammenfassung der Beweise nach Artikel 13. Unterläßt der Flaggenstaat dies, so wird unterstellt, daß er auf die Ausübung seiner bevorrechtigten Gerichtsbarkeit verzichtet.
3. Hat der Flaggenstaat dem eingreifenden Staat notifiziert, daß er seine bevorrechtigte Gerichtsbarkeit ausübt, so wird die Ausübung der Gerichtsbarkeit des eingreifenden Staates ausgesetzt, außer zum Zweck der Übergabe von Personen, Schiffen, Ladungen und Beweismitteln in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen.
4. Der Flaggenstaat übergibt den Fall umgehend seinen zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung.
5. Maßnahmen, die der eingreifende Staat gegen das Schiff und Personen an Bord trifft, können als im Rahmen des Verfahrens des Flaggenstaats getroffen angesehen werden.
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Artikel 15 - übergabe von Schiffen, Ladungen, Personen und Beweismitteln
1. Hat der Flaggenstaat dem eingreifenden Staat seine Absicht notifiziert, seine bevorrechtigte Gerichtsbarkeit auszuüben, so werden die festgenommenen Personen, das beschlagnahmte Schiff, die beschlagnahmte Ladung und die beschlagnahmten Beweismittel dem Flaggenstaat auf Ersuchen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen übergeben.
2. Dem Ersuchen um Übergabe der festgenommenen Personen ist in Bezug auf jede Person das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls oder einer sonstigen Anordnung mit gleicher Wirkung, die von einer Justizbehörde in Übereinstimmung mit dem im Recht des Flaggenstaats vorgesehenen Verfahren ausgestellt wurde, beizufügen.
3. Die Vertragsparteien bemühen sich nach besten Kräften, die übergabe von Personen, Schiffen, Ladungen und Beweismitteln zu beschleunigen.
4. Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als entzöge es einer in Haft gehaltenen Person das nach dem Recht des eingreifenden Staates bestehende Recht, die Rechtmäßigkeit der Haft von einem Gericht dieses Staates nach den in dessen innerstaatlichem Recht vorgesehenen Verfahren überprüfen zu lassen.
5. Statt um die Übergabe der in Haft gehaltenen Personen oder des Schiffes zu ersuchen, kann der Flaggenstaat um deren sofortige Freilassung beziehungsweise Freigabe ersuchen. Ist dieses Ersuchen gestellt worden, so veranlaßt der eingreifende Staat umgehend die Freilassung beziehungsweise Freigabe.
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Artikel 16 - Todesstrafe
Ist die Straftat, hinsichtlich deren der Flaggenstaat beschließt, seine bevorrechtigte Gerichtsbarkeit nach Artikel 14 auszuüben, nach dem Recht dieses Staates mit der Todesstrafe bedroht und ist die Todesstrafe für diese Straftat nach den Rechtsvorschriften des eingreifenden Staates nicht vorgesehen oder wird sie von ihm in der Regel nicht vollstreckt, so kann die Übergabe einer Person abgelehnt werden, sofern nicht der Flaggenstaat eine von dem eingreifenden Staat als ausreichend erachtete Zusicherung gibt, daß die Todesstrafe nicht vollstreckt wird.
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Abschnitt 5
Verfahrensvorschriften und andere allgemeine Bestimmungen-
Artikel 17 - Zuständige Behörden
1. Jede Vertragspartei bestimmt eine Behörde, deren Aufgabe es ist, die Ersuchen nach den Artikeln 6 und 7 zu übersenden und zu beantworten. Im Rahmen des Möglichen trifft jede Vertragspartei Vorkehrungen, damit diese Behörde die Ersuchen zu jeder Tages- und Nachtzeit entgegennehmen und beantworten kann.
2. Außerdem bestimmen die Vertragsparteien eine Zentrale Behörde, die für die Notifikation der Ausübung der bevorrechtigten Gerichtsbarkeit nach Artikel 14 und für alle anderen Mitteilungen oder Notifikationen nach diesem Übereinkommen verantwortlich ist.
3. Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde den Namen und die Anschrift der nach diesem Artikel bestimmten Behörden sowie alle weiteren Angaben zur Erleichterung des Nachrichtenverkehrs aufgrund dieses Übereinkommens mit. Jede spätere Änderung des Namens, der Anschrift oder jeder sonstigen einschlägigen Angabe zu diesen Behörden wird dem Generalsekretär ebenfalls übermittelt.
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Artikel 18 - Verkehr zwischen den bestimmten Behörden
1. Die nach Artikel 17 bestimmten Behörden verkehren unmittelbar miteinander.
2. Ist der unmittelbare Verkehr aus irgendeinem Grund undurchführbar, so können die Vertragsparteien vereinbaren, die Kommunikationsnetze der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) oder des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens zu benutzen.
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Artikel 19 - Form der Ersuchen und Sprachen
1. Alle Mitteilungen nach den Artikeln 4 bis 16 bedürfen der Schriftform. Es ist gestattet, moderne Telekommunikationsmittel, beispielsweise Fernkopie, zu verwenden.
2. Vorbehaltlich des Absatzes 3 wird eine übersetzung der Ersuchen oder der anderen Mitteilungen und Unterlagen nicht verlangt.
3. Jede Vertragspartei kann sich bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung das Recht vorbehalten, zu verlangen, daß die ihr übermittelten Ersuchen, anderen Mitteilungen und Unterlagen in ihrer eigenen Sprache oder einer der Amtssprachen des Europarats oder in der von ihr bezeichneten Amtssprache abgefaßt sind oder eine Übersetzung in eine dieser Sprachen beigefügt ist. Jede Vertragspartei kann bei dieser Gelegenheit ihre Bereitschaft erklären, Übersetzungen in jede andere von ihr bezeichnete Sprache entgegenzunehmen. Die anderen Vertragsparteien können den Grundsatz der Gegenseitigkeit anwenden.
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Artikel 20 - Beglaubigung und Legalisation
Die in Anwendung dieses Übereinkommens übermittelten Schriftstücke bedürfen keiner Art von Beglaubigung oder Legalisation.
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Artikel 21 - Inhalt des Ersuchens
Jedes nach Artikel 6 gestellte Ersuchen enthält folgende Angaben:
a. den Namen der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht, und den Namen der mit den Ermittlungen oder Verfahren beauftragten Behörde;
b. nähere Einzelheiten zu dem betroffenen Schiff, nach Möglichkeit einschließlich seines Namens, einer Beschreibung des Schiffes, der Registrierungszeichen und der anderen Angaben zu seiner Staatszugehörigkeit sowie seiner Position, zusammen mit einem Ersuchen um Bestätigung, daß das Schiff die Staatszugehörigkeit der ersuchten Vertragspartei besitzt;
c. nähere Einzelheiten zu den vermuteten Straftaten sowie die Gründe, auf die sich der Verdacht stützt;
d. die Maßnahmen, die man zu treffen beabsichtigt, sowie die Zusicherung, daß diese Maßnahmen getroffen würden, wenn das betroffene Schiff die Flagge des eingreifenden Staates führen würde.
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Artikel 22 - Unterrichtung der Schiffseigentümer und -kapitäne
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Eigentümer und Kapitäne der Schiffe, die ihre Flagge führen, davon zu unterrichten, daß die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens ermächtigt werden können, Schiffe außerhalb des Küstenmeers einer jeden Vertragspartei zu den in dem Übereinkommen aufgeführten Zwecken anzuhalten, und um sie insbesondere über ihre Verpflichtung zu unterrichten, die Anweisungen der das Schiff anhaltenden Bediensteten eines eingreifenden Staates, der diese Befugnis ausübt, zu befolgen.
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Artikel 23 - Eingeschränkte Verwendung
Der Flaggenstaat kann die in Artikel 6 vorgesehene Genehmigung von der Bedingung abhängig machen, daß die erlangten Informationen oder Beweismittel ohne seine vorherige Zustimmung von den Behörden des eingreifenden Staates nicht für andere als die einschlägige Straftaten betreffenden Ermittlungen oder Verfahren verwendet oder weitergeleitet werden.
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Artikel 24 - Vertraulichkeit
Die betroffenen Vertragsparteien behandeln, sofern dies den wesentlichen Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts nicht zuwiderläuft, alle von einer anderen Vertragspartei nach diesem Übereinkommen übermittelten Beweismittel und Informationen vertraulich, es sei denn, daß deren Offenlegung für die Anwendung des Übereinkommens oder etwaige Ermittlungen oder Verfahren erforderlich ist.
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Abschnitt 6
Kosten und Schadenersatz-
Artikel 25 - Kosten
1. Sofern die betroffenen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, werden die Kosten der Durchführung jeder Maßnahme nach den Artikeln 9 und 10 vom eingreifenden Staat und die Kosten der Durchführung jeder Maßnahme nach den Artikeln 4 und 5 in der Regel von der Vertragspartei, die Hilfe leistet, getragen.
2. Hat der Flaggenstaat seine bevorrechtigte Gerichtsbarkeit nach Artikel 14 ausgeübt, so übernimmt er die Kosten der Rückführung des Schiffes sowie der Beförderung der verdächtigen Personen und der Beweismittel.
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Artikel 26 - Schadenersatz
1. Erleidet eine natürliche oder juristische Person im Verlauf der nach den Artikeln 9 und 10 getroffenen Maßnahmen einen Sach- oder Personenschaden infolge einer Fahrlässigkeit oder eines anderen Verschuldens, die dem eingreifenden Staat anzulasten sind, so ist dieser verpflichtet, Schadenersatz zu leisten.
2. Wird die Maßnahme in einer Weise durchgeführt, die im Hinblick auf die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht gerechtfertigt ist, so ist der eingreifende Staat verpflichtet, für jeden daraus entstehenden Schaden Schadenersatz zu leisten. Der eingreifende Staat ist auch verpflichtet, für einen solchen Schaden Schadenersatz zu leisten, wenn sich der Verdacht als unbegründet erweist, sofern das angehaltene Schiff, der Betreiber oder die Besatzung keine Handlung begangen hat, die einen Verdacht rechtfertigen.
3. Die Haftung für jeden Folgeschaden einer nach Artikel 4 getroffenen Maßnahme liegt beim ersuchenden Staat, der von dem ersuchten Staat Schadenersatz verlangen kann, wenn der Schaden die Folge einer Fahrlässigkeit oder eines anderen Verschuldens ist, die dem ersuchten Staat anzulasten sind.
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Kapitel III
Schlußbestimmungen-
Artikel 27 - Unterzeichnung und Inkrafttreten
1. Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, die bereits ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Wiener Übereinkommen gebunden zu sein, zur Unterzeichnung auf. Sie können ihre Zustimmung, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, ausdrücken:
a. indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen oder
b. indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.
2. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
3. Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem drei Mitgliedstaaten des Europarats nach Absatz 1 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
4. Für jeden Unterzeichnerstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem er nach Absatz 1 seine Zustimmung ausgedrückt hat, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
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Artikel 28 - Beitritt
1. Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats nach Konsultation der Vertragsstaaten des Übereinkommens durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Komitee haben, gefaßten Beschluß jeden Staat, der nicht Mitglied des Rates ist, jedoch seine Zustimmung ausgedrückt hat, durch das Wiener Übereinkommen gebunden zu sein, einladen, diesem Übereinkommen beizutreten.
2. Für jeden beitretenden Staat tritt dieses Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
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Artikel 29 - Räumlicher Geltungsbereich
1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die seine Zustimmung, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, Anwendung findet.
2. Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung seine Zustimmung, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
3. Für jedes Hoheitsgebiet, das Gegenstand einer Erklärung nach den Absätzen 1 und 2 ist, können Behörden nach Artikel 17 Absätze 1 und 2 bestimmt werden.
4. Jede nach den Absätzen 1, 2 und 3 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
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Artikel 30 - Verhältnis zu anderen Übereinkünften
1. Dieses Übereinkommen läßt die Rechte und Pflichten aus dem Wiener Übereinkommen oder aus internationalen mehrseitigen Übereinkommen über besondere Fragen unberührt.
2. Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens können untereinander zweiseitige oder mehrseitige Übereinkünfte über die Fragen schließen, die Gegenstand des Übereinkommens sind, um dessen Bestimmungen zu ergänzen oder zu verstärken oder um die Anwendung der Grundsätze zu erleichtern, die in diesem Übereinkommen oder in Artikel 17 des Wiener Übereinkommens verankert sind.
3. Haben zwei oder mehr Vertragsparteien bereits ein Übereinkommen oder einen Vertrag über einen in diesem Übereinkommen behandelten Gegenstand geschlossen oder haben sie ihre Beziehungen in Bezug auf diesen Gegenstand auf andere Weise festgelegt, so können sie vereinbaren, anstelle dieses Übereinkommens ein solches Übereinkommen oder einen solchen Vertrag anzuwenden oder ihre Beziehungen entsprechend zu gestalten, wenn dies die internationale Zusammenarbeit erleichtert.
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Artikel 31 - Vorbehalte
1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, daß er von einem oder mehreren der in Artikel 3 Absatz 6, Artikel 19 Absatz 3 und Artikel 34 Absatz 5 vorgesehenen Vorbehalte Gebrauch macht. Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.
2. Jeder Staat, der einen Vorbehalt nach Absatz 1 angebracht hat, kann ihn durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation ganz oder teilweise zurücknehmen. Die Rücknahme wird mit dem Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.
3. Eine Vertragspartei, die einen Vorbehalt zu einer Bestimmung dieses Übereinkommens angebracht hat, kann nicht verlangen, daß eine andere Vertragspartei diese Bestimmung anwendet; sie kann jedoch, wenn es sich um einen Teilvorbehalt oder einen bedingten Vorbehalt handelt, die Anwendung der betreffenden Bestimmung insoweit verlangen, als sie selbst sie angenommen hat.
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Artikel 32 - Überwachungsausschuß
1. Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens wird ein Überwachungsausschuß aus Sachverständigen, welche die Vertragsparteien vertreten, auf Antrag einer der Vertragsparteien des Übereinkommens durch den Generalsekretär des Europarats einberufen.
2. Der Überwachungsausschuß überprüft die Durchführung dieses Übereinkommens und schlägt geeignete Maßnahmen vor, um dessen wirksame Anwendung sicherzustellen.
3. Der Überwachungsausschuß kann seine Verfahrensvorschriften selbst beschließen.
4. Der Überwachungsausschuß kann beschließen, Nichtvertragsstaaten dieses Übereinkommens sowie gegebenenfalls internationale Organisationen oder Gremien zu seinen Sitzungen einzuladen.
5. Jede Vertragspartei übersendet dem Generalsekretär des Europarats alle zwei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieses Übereinkommens in der Form und in der Weise, die der Überwachungsausschuß oder der Europäische Ausschuß für Strafrechtsfragen beschlossen hat. Der Überwachungsausschuß kann beschließen, die bereitgestellten Informationen oder den auf ihrer Grundlage erstellten Bericht an die Vertragsparteien und die von ihm als geeignet erachteten internationalen Organisationen und Gremien zu verteilen.
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Artikel 33 - Änderungen
1. Jede Vertragspartei kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen, und jeder Vorschlag wird vom Generalsekretär des Europarats den Mitgliedstaaten des Europarats und jedem Nichtmitgliedstaat, der nach Artikel 28 dem Übereinkommen beigetreten oder zum Beitritt eingeladen worden ist, übermittelt.
2. Jeder Änderungsvorschlag einer Vertragspartei wird dem Europäischen Ausschuß für Strafrechtsfragen übermittelt, der seine Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag dem Ministerkomitee unterbreitet.
3. Das Ministerkomitee prüft den Änderungsvorschlag und die vom Europäischen Ausschuß für Strafrechtsfragen unterbreitete Stellungnahme und kann die Änderung beschließen.
4. Der Wortlaut einer jeden vom Ministerkomitee nach Absatz 3 beschlossenen Änderung wird den Vertragsparteien zur Annahme zugeleitet.
5. Jede nach Absatz 3 beschlossene Änderung tritt am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär mitgeteilt haben, daß sie sie angenommen haben.
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Artikel 34 - Beilegung von Streitigkeiten
1. Der Europäische Ausschuß für Stafrechtsfragen des Europarats wird über die Auslegung und Anwendung dieses Übereinkommens auf dem Laufenden gehalten.
2. Im Fall einer Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens bemühen sich die Vertragsparteien, eine Beilegung der Streitigkeit durch Verhandlung oder andere friedliche Mittel eigener Wahl herbeizuführen, einschließlich der Möglichkeit, die Streitigkeit dem Europäischen Ausschuß für Strafrechtsfragen oder einem Schiedsgericht, dessen Entscheidungen für die an der Streitigkeit beteiligten Vertragsparteien bindend sind, zu unterbreiten oder sie durch Vermittlung, Vergleich oder gerichtliches Verfahren beizulegen, wie es die betroffenen Vertragsparteien vereinbart haben.
3. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung erklären, daß er bei allen Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens die Unterwerfung der Streitigkeit unter ein Schiedsverfahren in Übereinstimmung mit dem im Anhang zu dem Übereinkommen festgelegten Verfahren ohne vorherige Übereinkunft und vorbehaltlich der Gegenseitigkeit als obligatorisch anerkennt.
4. Jede Streitigkeit, die nicht nach Absatz 2 oder 3 beigelegt worden ist, wird auf Antrag einer der an der Streitigkeit beteiligten Vertragsparteien dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung unterbreitet.
5. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung erklären, daß er sich durch Absatz 4 nicht als gebunden betrachtet.
6. Eine Vertragspartei, die eine Erklärung nach Absatz 3 oder 5 abgegeben hat, kann diese jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation zurücknehmen.
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Artikel 35 - Kündigung
1. Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
2. Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
3. Dieses Übereinkommen bleibt jedoch hinsichtlich jeder Maßnahme oder jedes Verfahrens auf der Grundlage von Anträgen oder Ersuchen in Kraft, die während seiner Gültigkeitsdauer in Bezug auf die Vertragspartei, die das Übereinkommen gekündigt hat, unterbreitet wurden.
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Artikel 36 - Notifikationen
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist, sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen:
a. jede Unterzeichnung;
b. jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c. den Namen jeder Behörde und alle anderen nach Artikel 17 übermittelten Angaben;
d. jeden Vorbehalt nach Artikel 31 Absatz 1;
e. den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 27 und 28;
f. jeden nach Artikel 32 Absatz 1 gestellten Antrag sowie den Zeitpunkt jeder nach jenem Absatz einberufenen Sitzung;
g. jede Erklärung nach Artikel 3 Absätze 5 und 6, Artikel 8 Absatz 2, Artikel 19 Absatz 3 und Artikel 34 Absätze 3 und 5;
h. jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Straßburg am 31. Januar 1995 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.
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